Na dann will ich auch mal
Zunächst sollten sich vielleicht einige hier erst einmal darüber klar werden, dass es in Deutschland (wie wohl auch in allen Ländern) regional sehr unterschiedlich sein kann.
Wer z.B. Baden-Württemberg als Beispiel für eine einfache Möglichkeit an eine Stelle zu kommen angibt, dem empfehle ich mal eine Fahrt in die brandenburgische Pampa. Sehr schöne Gegend (wenn auch nicht so schön wies "Ländle" - haach, die Heimatgefühle ;( ), aber berufstechnisch ist da totes Land (mal vom Tourismus abgesehen). Wenn man da sich kein Auto leisten kann, ist man echt aufgeschmissen, was die Flexibilität fürs Ausbildungs/Arbeitsleben angeht - Öffentliche Verkehrsmittel sind da zum Teil ein zwar regelmäßiges, aber sehr seltenes Ereignis.
Man kann natürlich mit dem Argument "wegziehen" kommen - aber nicht jeder ist flexibel, mutig oder einfach intelligent genug dafür, und für mich gilt sowieso der Grundsatz "Ich lebe nicht um zu arbeiten, sondern arbeite um zu leben".
Die hier viel gepriesenen 400€ Stellen sind auch ein recht zweischneidiges Schwert. Sicher kann man damit gewisse Phasen überbrücken (wie z.B. ich während des Studiums), aber sie sind keine Basis für ein angemessenes Leben.Mal abgesehen davon, dass man damit realistisch gesehen nichts für die Altersvorsorge macht, und damit ein "Sozialfall" fürs Leben aufgebaut werden kann, sehe ich es gar nicht gerne, wenn diese Stellen auch noch mit meinen Steuergelder mitfinanziert werden. Ich zahle im Prinzip dafür mit, dass jemand anders Profit aus so einer Stelle schlagen kann (sofern der Arbeitnehmer in diesem Fall ergänzende Sozialleistungen beantragt hat).
Sicher kann man von dem Geld einigermaßen Leben, aber ich musste mir während des Studiums eine Menge verkneifen, und ich finde im nachhinein auch zu viel.
Sicher kann man sagen, wenn diese Leute leben wollen sollen sie auch gefälligst dafür arbeiten, aber der Mensch hat nunmal auch den Wunsch nach Zerstreuung, und ich gönne auch Beziehern von Arbeitsloseneld 2 mal einen kleinen Urlaub (den ich mir während des Studiums nicht leisten konnte), oder eben einen Besuch im Kino/Theater oder sonst wo. Es geht ja hierbei auch darum den Anschluß an die Gesellschaft nicht zu verlieren, ob nun in kultureller oder jedweden anderen Form. Denn wenn dieser auch noch verloren geht, dürfte es nochmal um einiges schwerer werden, wieder Fuß zu faßen.
Sicher mag es auch einige (nicht wenige) Fälle geben, bei denen wirklich der Flachbildfernseher und die PlayStation im Wohnzimmer stehen, aber die Regel ist doch das bestimmt nicht. Aber deswegen alle Anderen über einen Kamm schweren ? - man möge sich dann mal bitte ein realistische Weltbild zulegen. Wo es möglich ist Leistungen irgendwelcher Art auszunutzen, gibt es immer Welche (egal welcher Schicht sie angehören) die dies auch tun werden. Wegen diesen "asozialen" Objekten werde ich meine Bürgerpflicht bestimmt nicht hängen lassen, und gebe gerne etwas von meinem "hart" verdienten Geld dafür ab.
Ich fange jetzt gar nicht noch an, mein Gedanken darüber zu äußern, was erst los ist, wenn Familie/Kinder
hinzukommen, denn die Mehrheit der derzeitigen AG2 - Bezieher durften bestimmt nicht in ihre neue Rolle als Vorzeigeschmarotzer hinwachsen, sondern sind meisten nach langjähriger Tätigkeit hineingefallen.
Was die Diskussion um den Punkt "Unterschied zwischen staatlichen Leistungen und Verdienst" angeht, vielleicht folgende Episode:
Während der zweiten Hälfte meines Studiums war ich bei Siemens als Werkstudent angestellt, und saß währendessen mit einer Menge Studenten/Studentinnen aus China/Indian/Pakistan/Marokko (und noch ein paar anderen afrikanischen Staaten, die ich vergessen habe) an einem Tisch. Das interessante daran war, dass so gut wie alle nach Beendigung ihres Studiums hier in Deutschland nach GB, Schweiz, Norwegen, Schweden oder die USA gehen wollten. Das Warum war bei vielen auch die gleiche Antwort: der Verdienst. Hier in Deutschland verdient man als Fachkraft einfach nicht viel (im internationalen Vergleich). Man hat einfach die Chance genutzt in Deutschland die günstige "Ausbildung" zu nutzen (die meißten der temporären Siemensler konnten sich ein Studium in GB oder den USA nicht leisten), aber zum Geld verdienen geht man als (damals noch) Diplom Ingenieur der Physik/Elektrotechnik/Chemie/... dann doch da hin, wo Arbeit mehr Wert zu sein scheint.
Deswegen konnte ich auch die "Diskussion" Anfang des Jahres nicht verstehen (und diesen immer wieder auftauchenden GreenCard - Blödsinn schon gar nicht), dass die AG2 - Bezüge zu hoch sind, ich bin der Überzeugung, dass es eher an einem vernüftigen Einkommen durch normale Arbeit mangelt.
Einer hat in einem Post auch angegeben, dass im Bekanntenkreis jemand eine Stelle so gut wie sicher hatte, es jedoch trotzdem nichts wurde, weil dieser Person seitens der BAfA eine entsprechende Weiterbildung verweigert wurde. Da kann man sich natürlich über die Praktiken bei der BAfA wundern, aber vielmehr frage ich mich, warum da von Seiten des avisierten Arbeitgebers nichts kam.
Dieser scheint sich meiner Meinung nach ich die Reihen der zahlreichen Arbeitgeber einzuordnen, die zwar
"händeringend" nach qualifizierten Arbeitskräften suche, aber auch keine Lust haben auch nur einen Cent in ihre zukünftigen Angestellten zu investieren. Nach dem Studium, und auch die letzten 3 Monate des letzten Jahres hatte ich das zweifelhafte Vergnügen mich mit dem Arbeitmarkt auseinander setzen zu müssen. Wenn ich lese dass mancher bei einer Einstiegstelle eine Gehaltsvorstellung von 3000€ hat, muss ich natürlich den Kopf schütteln, aber ich musste das genauso bei einer Vielzahl von Stellenangeboten. Ums mal etwas überspitzt zu formulieren, musst man als geeigneter Kandidat für eine Ingenieursstelle im Informatikbereich: höchstens 25 sein, 10 Jahre Beruferfahrung bei mind. 2-3 Firmen mitbringen, natürlich auch eigene Projekte betreut haben, und im Prinzip die komplette Bandbreite an segmentspezifischen Wissen mitrbringen. Für eine Junior-Stelle war es ähnlich, im Prinzip musste man bei Studienantritt schon alles drauf gehabt haben, um während des Studiums bereits genug Erfahrung gesammelt zu haben.
Das Studium schien mehr dem Zwecke des offiziellen Bestätigens gedacht zu sein, als wirklich der Fortbildung.
Aber selbst danach sieht es in vielen Firmen mau aus. Wenn ich mich so im Kommilitonenkreis umhöre, haben die wenigsten Arbeitgeber Lust ihre Leute aufzubauen. Bei meinem letzten Arbeitgeber war es genauso, alles zusätzliche Können wird gefälligst selbst erarbeit, aber wenn man mal nachfragt, ob man vielleicht eine Zertifizierung machen kann, um dem eigenen Fleiß ein offizielles Siegel überstülpen zu können, kam nur zurück:"Wieso kannst du ja schon".
Aber um auch mal zum Ende zu kommen:
Ich kann auch der Einstellung "Arbeiten um jeden Preis" nicht so richtig viel abgewinnen. Sicher ist es wichtig so schnell wie möglich wieder in Arbeit zu kommen, aber das sollte auch im Rahmen bleiben. Wer erst mal wieder in Arbeit ist, hat es schwer sich etwas besseres zu suchen sei es aus moralischen (man will ja den neuen Arbeitgeber nicht vor den Kopf stoßen) oder praktischen (keine Zeit mehr sich richtig um Bewerbungen/Vorstellungstermine) Gründen.
Ich habe am Anfang meiner zwei monatigen AG1 Phase auch mehrere Stellenangebote abgelehnt, weil das
Angebotene Gehalt für mich einfach zu niederig war (knapp 50% meines vorherigen Verdienstes). Das mag jetzt der ein oder andere unsozial finden, aber da ich inzwischen bei 105% meines letzten Gehaltes bin, geht mir das am Popo vorbei.
Nu aber genug, der freie Tag muss auch noch anders genutzt werden.
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