Ich habe den Eindruck, dass viele Windows10-Probleme daher kommen, dass an den Windows-Installationen rumgefrickelt wird.
Die circa 15 Geräte, für deren Funktionsfähigkeit ich zuständig bin (buntes Gemisch von ThinkPads, ThinkCentre, EliteBook, HP-Workstation, Acer-Notebook, selbst zusammengebaute PCs (Hardware gemischt aus den letzten 10 Jahren)) haben alle Windows 10 Versionssprünge ohne Probleme mitgemacht. Auf den Geräten ist teilweise viel Software installiert, aber keine Systemoptimierungstools, ClassicShell, Kaspersky, Norton.......
Ja, das ist auch mein persönlicher Eindruck. Allerdings wird oftmals gar nicht vom Nutzer herumgefrickelt, sondern bereits beim Hersteller. Ich hab z. B. im Bekanntenkreis aktuell den Fall mit einem nagelneuen Acer-Laptop (R-serie) und Windows 10 vorinstalliert: Nach jedem Upgrade (kam mit einem alten Windows-Build) gibt es die gleichen Probleme immer wieder und alleine lösen ist für unerfahrene Nutzer auch nicht möglich. Ich rate zu einer sauberen Neuinstallation mit allen Treibern von Windows Update, aber das bedeutet für den Durchschnittsnutzer viel Stress, da dieser keine Backup-Strategien besitzt und auch keine Aufzeichnungen darüber, wie sein System eingerichtet werden muss (Programme, Einstellungen, etc.).
Ich kenne auch Gegenbeispiele, wie z. B. einen mit Windows Vista ausgelieferten Medion-Rechner vom ALDI (Intel Core 2 Quad oder so), welcher heute absolut problemlos mit Windows 10 1709 läuft und noch nie ein Problem mit einem Upgrade hatte. Treiber kamen allesamt via Windows Update.
Ansonsten bleibt zu der Diskussion nur zu sagen, dass ich die aktuelle Entwicklung bei Windows auch nicht gut finde, da das vor allem für Unternehmen/Schulen ohne Windows Domäne viel Stress bedeutet und man jedes halbe Jahr ein großes Upgrade testen darf und es anschließend verteilen muss. Gerade die Bildungseinrichtungen haben meist eine besonders rückständige Infrastruktur, da die Lehrkräfte häufig neben ihrem Bildungsauftrag die Rechner administrieren sollen.
Früher hatte man eine Windows-Version und konnte sich darauf verlassen, dass man über den Supportzeitraum von ~10 Jahren keine Probleme haben wird und man auch keine Änderungen bekommen wird und sich daher nicht umgewöhnen muss. Hat man seine Hardware geschickt zum Release von einer Windows-Version gekauft, dann konnte man diese 10 Jahre nutzen und erhielt nur Sicherheitsupdates. Danach war die Hardware eh veraltet. Diese 10 Jahre waren dafür aber auch sehr entspannt.
Heute lebt man in einer ständigen Ungewissheit, ob seine Hardware mit dem nächsten Halbjahresupdate noch funktionieren wird (siehe Atom-CPUs) und ob liebgewonnene Funktionen auch in Zukunft noch zur Verfügung stehen werden. Zudem ist es äußerst ärgerlich, dass Windows immer noch Einstellungen bei den Upgrades zurücksetzt. Das mag bei einem privat genutzten Rechner egal sein. Administriert man jedoch z. B. 100 Rechner, welche nicht in einer Active Directory sind (Kosten, keine Zeit, etc.), dann wird das schnell zum ernsthaften Problem und zu einer ständigen Arbeitsbeschaffungsmaßnahme.
Ein Windows LTSB für alle wäre wohl ideal, sodass man die Wahlfreiheit besitzt, ob man lieber ein Rolling Release oder ein Fixed Release haben möchte. Windows 10 Home kann von mir aus gerne rolling sein und Zwangsupdates besitzen.
Auch sollte man die Bevormundung wieder sein lassen, dass der Rechner alleine entscheidet wann er neustartet und wann er was im Hintergrund tun möchte. Ein Betriebssystem ist ein Werkzeug um Programme und Hardware zu verwalten. Es sollte unauffällig sein und sich im Hintergrund verhalten, solange es der Nutzer wünscht. Leider ist Windows 10 aktuell das Gegenteil und benötigt wie ein Haustier andauernd Aufmerksamkeit (Updates "planen", Einstellungen überprüfen, Programme wieder installieren). Früher ging das doch auch alles wunderbar unaufdringlich im Hintergrund und die Neustarts konnte man zuverlässig per GPO blocken ...
Datenschutz: Einem nicht quelloffenen System würde ich generell nie vertrauen und dabei immer erwarten, dass Daten im Hintergrund abgegriffen werden. Ob Windows 7 oder 10 nun schlimmer ist, kann man ohne Zugang zum Quellcode wohl sowieso nicht eindeutig beantworten (evtl. in einem gewissen Rahmen durch Mitlesen des Netzwerk-Traffics), aber generell vertraue ich keinem der beiden Systeme.
Generell teile ich allerdings die Meinung, dass es keinen Sinn macht krampfhaft an Windows 7 festzuhalten, denn selbst wenn man das System bis 2022 (also zwei Jahre länger als es Sicherheitsupdates geben wird) nutzen kann, wird doch relativ schnell der Support für Anwendungssoftware eingestellt werden. Gerade bei Webbrowsern bedeutet das dann eigentlich den Tod für ein jedes System, da man ohne aktuelle HTTPS-Zertifikate und ohne Unterstützung für aktuelle Webstandards (z. B. HTML) ziemlich schnell in die Röhre schauen wird. Glaubt ihr mir nicht? Na dann versucht doch mal auf einem Nokia N900 mit Maemo im Netz zu surfen ... Für XP gibt es übrigens auch seit September keinen unterstützten Webbrowser mehr ...
Langfristig wird man entweder mit Windows 10 leben müssen oder eben auf andere Systeme umsteigen müssen. Ist ja nicht so, als gäbe es, gerade für normale Privatanwender (= Surfen im Netz, leichte Bild- und Videobearbeitung, Office, etwas Computerspielen, etc.), keine alternativen Systeme ... Um etwas mehr Zeit für die Umstellung zu haben kann man sich ja auch noch mit Windows 8.1 behelfen. Das besitzt bereits viele Neuerungen von Windows 10 (z. B. Bluetooth-Stack; aber keine Skalierung), aber ist von der Funktionsweise (Updates, Systemsteuerung, etc.) noch recht nahe an Windows 7 (v. a. mit Classic Shell). Updates bis 2024!
Was mich immer wieder bei solchen Diskussionen enttäuscht, ist die Emotionalität, welche anscheinend immer mitschwingt. Wieso kann man nicht einfach sachlich an die Thematik herangehen und ohne Anfeindungen die Vor- und Nachteile verschiedener Systeme diskutieren? Ich verwende privat nur Linux-Systeme und trotzdem rede ich die aktuellen Schwachstellen im USB-Subsystem nicht klein, sondern kritisiere und diskutiere das ganz offen mit anderen Leuten. Es ist schade, dass mir diese Leute dann mit Aussagen wie "typisch Linux" entgegen kommen, anstelle das einfach neutral zu bewerten und zu diskutieren. V. a. wüsste ich nicht, dass derartige Bugs "typisch Linux" sind, sondern eher "typisch Software" ...
Es ist doch nur ein Betriebssystem und letztendlich ist es doch ganz egal, ob man Windows, macOS, Linux, BSD oder ein Unix einsetzt. Solange es den eigenen Ansprüchen genügt und man die benötigte Software benutzen kann, ist doch alles gut. Die verfügbare Software wird zudem immer portabler und läuft immer öfter auf allen drei großen Plattformen (Linux, macOS, Windows). Letztendlich ist es immer nur eine Sache der Gewohnheit ...
Bsp.: Wenn mich jemand von Krita und darktable (laufen übrigens beide auch unter Windows!) zu Photoshop und Lightroom umziehen wollte, dann würde ich darüber garantiert ziemlich fluchen, obwohl die Adobe-Produkte angeblich überlegen sein sollen. Es ist immer nur eine Frage der Gewohnheit und mit dem gewohnten Programm wird man anfangs garantiert schneller arbeiten, als mit dem neuen Programm mit ungewohntem Workflow. Gut sind sie ohne Frage alle, aber ernsthaft unterlegen ist auch keines (z. B. mag in Krita manches deutlich umständlicher sein, wie z. B. das Verändern von Pfaden, aber dafür ist in Photoshop auch nicht alles Gold was glänzt und vieles ist in beiden Programmen auch absolut identisch).
Wieso nutze ich eigentlich Debian (also ein Linux)?
1. Ich bin es gewohnt. Dazu gehört auch der Workflow der GNOME Shell.
2. Ich hab gerne volle Kontrolle über mein System und möchte genau wissen, was vorgeht. Außerdem gefällt mir die Strukturierung des Systems einfach besser.
3. Ich möchte kein Rolling Release (Arch Linux, Windows 10, etc.) Modell, sondern lieber vorher die Upgrades testen können und vorab wissen, dass meine Uralt-Hardware nun wirklich nicht mehr laufen wird (ich verwende z. B. noch relativ produktiv ein altes Acer-Laptop von 2005 mit Single-Core CPU; läuft Debian Stretch mit GNOME Flashback drauf; Windows XP ist das letzte funktionierende Windows). Ich mag es einfach entspannt, transparent (ich kann anhand der Diskussionen nachvollziehen, wieso man was verändert hat) und hab mittlerweile wenig Interesse an neuem "Bling Bling" (z. B. Cortana).
4. Mir fehlt unter macOS und Windows liebgewonnene Software (z. B. bis vor kurzem darktable).
5. Ich möchte ein möglichst quelloffenes System (ich lege auch großen Wert auf offene Standards).
6. Es läuft auf sämtlicher von mir benutzter Hardware (Uralt-PCs, ARM-CPUs, etc.) und daher habe ich überall eine ähnliche Arbeitsumgebung.
7. u. v. m.
Solange mich die macOS- und Windows-Nutzer in Ruhe lassen, habe ich auch kein Problem damit, wenn sie ein anderes System verwenden. Klar darf man auch mal einen blöden Spruch bringen, aber dann sollte da wenigstens auch was Wahres dran sein.
Es wäre auch vielen Leuten einmal ernsthaft anzuraten, dass sie mal mit Linux bzw. macOS wirklich täglich arbeiten, damit sie um ihre Vorurteile herumkommen und ihren Horizont erweitern! Ich hab z. B. vor einigen Tagen ein wirklich spannendes Gespräch über macOS geführt, da ich die veränderten Tastenkombinationen und das "seltsame" Tastaturlayout kritisiert hab. Ebenso gefällt mir bei meiner immer wieder nur kurzen Benutzung das Fenstermanagement nicht. Insgesamt erscheint mir das alles sehr kompliziert und unintuitiv zu sein.
Allerdings durfte ich erfahren, dass man anscheinend mit ein wenig Übung ganz hervorragend mit dem System arbeiten können soll und die anders umgesetzten Dinge sogar praktisch sein sollen. Da sieht man mal wieder sehr gut, dass das alles nur eine Frage der Gewohntheit ist und evtl. wäre meine Meinung auch eine andere, wenn ich täglich für mehrere Stunden einen Mac verwenden würde.
Also:
Lasst uns doch einfach alle friedlich miteinander sein und von Vorurteilen, Falschaussagen und Verallgemeinerungen so gut es geht absehen.
PS: Glückwunsch, wenn ihr bis dahin gekommen seid!