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Da bereits einige unsere Kunden von der Abmahnwelle, entweder direkt oder mit den in diesem Zusammenhang massenhaft verschickten Spam-Mails betroffen sind, habe ich unseren Anwalt Markus Rebl mal gebeten eine kurze Stellungnahme für das Forum zu schreiben:
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Streaming Abmahnung U+C Rechtsanwälte (redtube.com)
Unwirksamkeit der Streaming Abmahnung der Kanzlei U+C Rechtsanwälte
In den letzten Tagen erreichten mich über Mandanten etliche Abmahnungen der Kanzlei U+C Rechtsanwälte betreffend angebliches Streaming auf der Videoplattform redtube.com. In den Abmahnungen für die Firma „The Archive AG“ geht es um folgende Filmtitel:
“Dream Trip”
„Hot Stories“
„Amanda’s secrets“
„Miriam’s Adventures“
„Glamour Show Girls“
Spekulativ wurden wohl weit über 10.000 Abmahnungen mittlerweile hierzu verschickt. Neu in diesem Zusammenhang ist, dass es sich nicht um einen „Filesharing“ Fall in klassischer Hinsicht handelt, wobei insbesondere das Anbieten in Tauschbörsen angegriffen wird, sondern es werden User abgemahnt, die angeblich lediglich einen Film per Streaming auf redtube.com angesehen haben. Anders als bei Angeboten wie “kino.to” sind die pornographischen Webseiten, so auch das Angebot “RedTube”, im Internet nicht zwingend illegal.
Es ist nach meiner Rechtsauffassung von der Unwirksamkeit dieser Abmahnung auszugehen. Eine Rechtsverteidigung hätte jedenfalls gute Erfolgsaussichten.
Zum einen ist rechtlich höchst umstritten ob Streaming an sich, unabhängig vom konkreten Inhalt, überhaupt eine Urheberrechtsverletzung darstellt. Zwar werden in aller Regel Daten in den Cache des Browsers gespeichert um eine störungsfreie Wiedergabe zu ermöglichen. Solange diese aber beim Beenden des Browsers bzw. einem Neustart des Rechners automatisch gelöscht werden, kann meiner Meinung nach nicht von einer dauerhaften Speicherung gesprochen werden, sprich der User hat diese Daten nicht wie bspw. beim Download eines Films ohne Zusatzsoftware dauerhaft zur Verfügung.
Weil eben auch keine dauerhafte Speicherung erfolgt, kann mit guten Argumenten bereits aus diesem Grund nicht von einer Urheberrechtsverletzung ausgegangen werden. Ergebnisorientiert betrachtet ist das Betrachten eines Films im Browser per Streaming nicht vom Betrachten einer DVD oder Blu-Ray Disc am Fernseher zu unterscheiden, was wohl einhellig nicht als rechtswidrig angesehen wird.
Trotz der aktuellen Berichterstattung ist nach wie vor unbekannt, wie die IP-Adressen gesichert und erhoben wurden. redtube.com wird in den USA gehostet, Seitenbetreiber ist eine in Luxemburg ansässige Firma. Anders als beim Filesharing besteht beim Streaming eigentlich keine Möglichkeit für Dritte (außer Client, ISP und Hoster), die IP-Adressen der Nutzer einzusehen. In technischer Hinsicht ist nicht nachvollziehbar, dass man mittels einer externen Trackingsoftware die Zugriffe auf einen fremden Webserver protokollieren kann. Ob die bestehende Vermutung, dass die IP-Adressen unter Verstoß gegen das Datenschutzrecht ermittelt worden sind, zutrifft, wird sich wohl erst im Rahmen eines Gerichtsverfahrens klären lassen. Im Raum steht auch, dass ein Trojaner oder andere Malware für die Ermittlung der IP-Adressen verwendet wurden. Auch das bleibt zu klären.
Allem Anschein nach betreffen die Abmahnungen allerdings Nutzer der verschiedensten Plattformen. Ob auch die durch das Landgericht Dortmund bewirkte Auskunftsverpflichtung des Providers rechtswidrig erfolgte, ist derzeit ungeklärt.
Was in der aktuellen Diskussion weniger beachtet wird, ist, dass nicht jeder Film überhaupt urheberrechtsfähig ist. Es bedarf des Vorliegens einer „persönlichen geistigen Schöpfung“, wobei diese ein gewisses Mindestmaß aufweisen muss. Nach Ansicht des im katholischen Bayern befindlichen Landgerichts München I (Beschluss vom 29.05.2013, Az. 7 O 22293/12) ist dies bei Pornos häufig mehr als zweifelhaft, zeigen diese nach Ansicht des Gerichts "lediglich sexuelle Vorgänge in primitiver Weise". Folglich hatte im dort vorliegenden Fall das Gericht einen urheberrechtlichen Schutz abgelehnt. Interessanter Weise war auch hier die Kanzlei U+C Rechtsanwälte für den Rechteinhaber tätig.
Nach den mir vorliegenden Abmahnungen scheinen bisher nur Kunden der Telekom betroffen zu sein. Vermutlich werden in den nächsten Wochen auch Kunden anderer Provider solche Abmahnungen erhalten.
Die User sollen 250 Euro zahlen (169,50 Euro Anwaltskosten, 65 Euro Ermittlungskosten und 15,50 Euro Schadensersatz). Zudem soll eine Unterlassungserklärung abgeben werden.
Wer eine derartige Abmahnung erhalten hat, sollte die Unterlassungserklärung in keinem Fall ohne die Überprüfung durch einen Rechtsanwalt unterschreiben und sich zu den Reaktionsmöglichkeiten anwaltlich beraten lassen. Es besteht die Gefahr, dass Betroffene eine zu weitgehende Erklärung abgeben. Solche Erklärungen wirken bis zu 30 Jahre lang, auch wenn sich die Rechtslage ändern sollte.
Geschädigte könnten nach der Neuregelung des § 97a Abs. 4 UrhG nunmehr grundsätzlich auch die Anwaltskosten für die Abwehr dieser unwirksamen Abmahnung bei der Fa. Archive AG geltend machen. Eine Klage in der Schweiz dürfte allerdings angesichts der Streitsumme wirtschaftlich nicht sinnvoll sein.
Markus Rebl
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
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Streaming Abmahnung U+C Rechtsanwälte (redtube.com)
Unwirksamkeit der Streaming Abmahnung der Kanzlei U+C Rechtsanwälte
In den letzten Tagen erreichten mich über Mandanten etliche Abmahnungen der Kanzlei U+C Rechtsanwälte betreffend angebliches Streaming auf der Videoplattform redtube.com. In den Abmahnungen für die Firma „The Archive AG“ geht es um folgende Filmtitel:
“Dream Trip”
„Hot Stories“
„Amanda’s secrets“
„Miriam’s Adventures“
„Glamour Show Girls“
Spekulativ wurden wohl weit über 10.000 Abmahnungen mittlerweile hierzu verschickt. Neu in diesem Zusammenhang ist, dass es sich nicht um einen „Filesharing“ Fall in klassischer Hinsicht handelt, wobei insbesondere das Anbieten in Tauschbörsen angegriffen wird, sondern es werden User abgemahnt, die angeblich lediglich einen Film per Streaming auf redtube.com angesehen haben. Anders als bei Angeboten wie “kino.to” sind die pornographischen Webseiten, so auch das Angebot “RedTube”, im Internet nicht zwingend illegal.
Es ist nach meiner Rechtsauffassung von der Unwirksamkeit dieser Abmahnung auszugehen. Eine Rechtsverteidigung hätte jedenfalls gute Erfolgsaussichten.
Zum einen ist rechtlich höchst umstritten ob Streaming an sich, unabhängig vom konkreten Inhalt, überhaupt eine Urheberrechtsverletzung darstellt. Zwar werden in aller Regel Daten in den Cache des Browsers gespeichert um eine störungsfreie Wiedergabe zu ermöglichen. Solange diese aber beim Beenden des Browsers bzw. einem Neustart des Rechners automatisch gelöscht werden, kann meiner Meinung nach nicht von einer dauerhaften Speicherung gesprochen werden, sprich der User hat diese Daten nicht wie bspw. beim Download eines Films ohne Zusatzsoftware dauerhaft zur Verfügung.
Weil eben auch keine dauerhafte Speicherung erfolgt, kann mit guten Argumenten bereits aus diesem Grund nicht von einer Urheberrechtsverletzung ausgegangen werden. Ergebnisorientiert betrachtet ist das Betrachten eines Films im Browser per Streaming nicht vom Betrachten einer DVD oder Blu-Ray Disc am Fernseher zu unterscheiden, was wohl einhellig nicht als rechtswidrig angesehen wird.
Trotz der aktuellen Berichterstattung ist nach wie vor unbekannt, wie die IP-Adressen gesichert und erhoben wurden. redtube.com wird in den USA gehostet, Seitenbetreiber ist eine in Luxemburg ansässige Firma. Anders als beim Filesharing besteht beim Streaming eigentlich keine Möglichkeit für Dritte (außer Client, ISP und Hoster), die IP-Adressen der Nutzer einzusehen. In technischer Hinsicht ist nicht nachvollziehbar, dass man mittels einer externen Trackingsoftware die Zugriffe auf einen fremden Webserver protokollieren kann. Ob die bestehende Vermutung, dass die IP-Adressen unter Verstoß gegen das Datenschutzrecht ermittelt worden sind, zutrifft, wird sich wohl erst im Rahmen eines Gerichtsverfahrens klären lassen. Im Raum steht auch, dass ein Trojaner oder andere Malware für die Ermittlung der IP-Adressen verwendet wurden. Auch das bleibt zu klären.
Allem Anschein nach betreffen die Abmahnungen allerdings Nutzer der verschiedensten Plattformen. Ob auch die durch das Landgericht Dortmund bewirkte Auskunftsverpflichtung des Providers rechtswidrig erfolgte, ist derzeit ungeklärt.
Was in der aktuellen Diskussion weniger beachtet wird, ist, dass nicht jeder Film überhaupt urheberrechtsfähig ist. Es bedarf des Vorliegens einer „persönlichen geistigen Schöpfung“, wobei diese ein gewisses Mindestmaß aufweisen muss. Nach Ansicht des im katholischen Bayern befindlichen Landgerichts München I (Beschluss vom 29.05.2013, Az. 7 O 22293/12) ist dies bei Pornos häufig mehr als zweifelhaft, zeigen diese nach Ansicht des Gerichts "lediglich sexuelle Vorgänge in primitiver Weise". Folglich hatte im dort vorliegenden Fall das Gericht einen urheberrechtlichen Schutz abgelehnt. Interessanter Weise war auch hier die Kanzlei U+C Rechtsanwälte für den Rechteinhaber tätig.
Nach den mir vorliegenden Abmahnungen scheinen bisher nur Kunden der Telekom betroffen zu sein. Vermutlich werden in den nächsten Wochen auch Kunden anderer Provider solche Abmahnungen erhalten.
Die User sollen 250 Euro zahlen (169,50 Euro Anwaltskosten, 65 Euro Ermittlungskosten und 15,50 Euro Schadensersatz). Zudem soll eine Unterlassungserklärung abgeben werden.
Wer eine derartige Abmahnung erhalten hat, sollte die Unterlassungserklärung in keinem Fall ohne die Überprüfung durch einen Rechtsanwalt unterschreiben und sich zu den Reaktionsmöglichkeiten anwaltlich beraten lassen. Es besteht die Gefahr, dass Betroffene eine zu weitgehende Erklärung abgeben. Solche Erklärungen wirken bis zu 30 Jahre lang, auch wenn sich die Rechtslage ändern sollte.
Geschädigte könnten nach der Neuregelung des § 97a Abs. 4 UrhG nunmehr grundsätzlich auch die Anwaltskosten für die Abwehr dieser unwirksamen Abmahnung bei der Fa. Archive AG geltend machen. Eine Klage in der Schweiz dürfte allerdings angesichts der Streitsumme wirtschaftlich nicht sinnvoll sein.
Markus Rebl
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
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