Ich denke, dass Design schon ein klein wenig komplexer als "form follows function" ist. Bis zu einem gewissen Grad kann die gleiche Funktion auch mit verschiedenen Formen umgesetzt werden. Ein gewölbter Röhrenmonitor ist genauso ein Monitor wie ein flacher TFT-Monitor. Eine unterschiedlich geformte Taste ist eben immer noch eine Taste. Egal ob rund eckig oder sonstwas. Wölbung und scharfe oder weiche Kanten wären da schon funktionalere Kriterien. Aber hat der Tastenhub oder der knackige Anschlag etwas mit der Form der Taste zu tun?
Es gibt dann Dinge wie den Wiedererkenungswert, die auch Teil des Designs sind. Ich erkenne, dass ein bestimmtes Produnkt eben in der Designtradition einer bestimmten Marke steckt und assoziiere dann eben die Qualität dieser Marke mit dem Produkt. Man denke an die Autobeispiele wie den Porsche 911 auf die David Hill in seinem Blogpost verwies.
Beim Update meines Frankenpads bin ich auf Windows 10, bin ich auf dieser Microsoftseite gelandet:
http://choice.microsoft.com/de-DE
Mutter und Tochter gemeinsam vorm ThinkPad. Woran erkennt man, dass es sich um ein ThinkPad handelt? Die Tochter hat den Finger auf dem TrackPoint, also sieht man nicht die Farbe der TrackPoint-Kappe, auch ist das ThinkPadlogo nicht auf dem Bild, aber das Clamshell-Design und das Tastaturdesign deuten eindeutig auf T61wide/T400/T500.
Und da ist mir auch wieder klar geworden, warum ich mit dem roten i-Punkt im ThinkPad-Logo nie richtig warm wurde. Das monochrom weißsilberne ThinkPad-Logo des
IBM ThinkPad hatte einen eckigen i-Punkt. Und die eckige Form des i-Punktes war auch ein schönes Symbol für die praktische eckige Arbeitskiste, die man mit dem ThinkPad vor sich hat(te). Eine Arbeitskiste, die eben in all ihren Designmerkmale ausstrahlte, dass es sich um ein ThinkPad handelte, was man insbesondere schön in der verhältnismäßigen Konservativität, mit der das Tastaturlayout höchstens um die Browsertasten oder Funktionstasten der A3x erweitert wurde nicht jedoch um die Windows- und Menütasten, oder eben am Festhalten am funktionalen Clamshell-Design. IBM stand eben zu den Ecken und Kanten des ThinkPads und das machte die ThinkPads auch einzig und besonders. Ähnlich wie Apple mit den Macs auch eigenwillige Produkte anbietet. Dagegen drückte der runde rote i-Punkt eben auch schön aus, dass Lenovo eben alles, was eine rote TrackPoint-Kappe hat als ThinkPad ansieht: Funktionalität oder auch nur Markenwiedererkennungswert sind zweitrangig, wozu Clamshell, wenn's die Konkurrenz auch nicht hat und Ultrabooks große Mode sind, wozu 7-row mit dem traditionellen Layout, wenn's auch wie beliebig bei der Konkurrenz in 6-row und Chiclet geht, wozu traditionelles schwarz, wenn's auch in anthrazit geht, wozu auf guten Sound achten, wozu einen guten Service anbieten, wenn's auch billig und beliebig geht, wozu noch auf Kunden eingehen, die exotischere Schnittstellen wie die RS232 brauchen, wenn Ultrabay und Expresscard nicht mehr hipp sind. Somit erfüllt der rote i-Punkt in
Form und Farbe die
Funktion, den alten Hasen klar zu machen, dass die guten alten Zeiten endgültig vorbei sind, und die Yuppies und Studenten anzuziehen, die so ein Design wie einen roten i-Punkt bestimmt ganz hipp finden - vielleicht läßt der sich gar noch per LED beleuchten...
Somit ist der rote i-Punkt vermutlich
das Bespiel für form follows function bei ThinkPads.