Ich frage mich bei unserer durchaus interessanten Diskussion dennoch, warum sich die öffentliche Debatte immer nur gegenüber die Öffentliche Hand richtet, als wenn diese der Trendsetter oder gar Heilsbringer der EDV / IT sei, oder gar sein muss. Zum Hintergrund: Ich kenne beide Welten, also freie Wirtschaft und Kommunale Verwaltung.
Die Frage, ob Open Source zunehmend Verbreitung findet, kann man meines Erachtens nicht einfach an "die Verwaltung" wegdrücken und sich dann zurücklehnen. Die Verbreitung von 3 Prozent Linux- Clients liegt ganz sicher nicht daran, dass die gesamte Wirtschaft erstens aufgeschlossen gegenüber Open Source ist und zweitens die Verwaltungen mauern. Alle Beteiligen haben die gleichen Ziele: IT soll die Arbeit erleichtern und die benötigten Applikationen bereitstellen. Und die Applikationen werden für Windows Betriebssysteme designt, und sonst für gar nichts. Entsprechend nutzt gerundet die gesamte Wirtschaft MS Windows und MS Office, und natürlich tun dieses auch die Behörden.
Wenn nun erste Verwaltungen, politisch motiviert, auf eine Linux- Basis umgestellt werden sollen, wie Schleswig-Hollestein und in Teilen Dänemark dieses anstreben, ist das derart ambitioniert, dass es fraglich ist, ob wir diese politische Vorgabe feiern sollten. Die Behörden erbringen gegenüber den Bürgern eine Leistung, allerdings nur, wenn deren IT auch reibungslos funktioniert. Wird die Leistung nicht mehr erbracht, steht unser Gemeinwesen. Im Kleinen kann zeigt sich dieses zum Beispiel daran, dass eine Kommune für mehrere Millionen Euro ein neues webbasiertes Führerscheinwesen einkauft, das nach Migration allerdings mackig läuft. Führerscheine können also in dieser Kommune nicht mehr ausgestellt werden, die Wartezeiten explodieren in Richtung Monate. Die Presse schimpft, der Bürger sieht sich in seinen Vorbehalten bestätigt. Ausgedacht? Leider nicht.
Ein anderes Bespiel aus der Wirtschaft: Ein sehr großer Entwickler einer Fachapplikation erkennt sehr frühzeitig eine Entwicklung erstellt sein Ingenieuressoftware als Webapplikation neu. Dieser Vorgang dauert etliche Jahre. Irgendwann ist es so weit, die komplexe Software läuft im Browser. Voraussetzung: Internet Explorer und Microsoft Silverlight. Die Erde dreht sich weiter und der Internet Explorer wird zu Edge. Viel schlimmer: Microsoft kündigt das Silverlight ab. Der Hersteller hatte also auf die zum Zeitpunkt seiner Programmierungen auf die aktuellen Technologien gesetzt, die im Laufe der Zeit verschwinden. Da auch ein großer Softwarehersteller nicht immer wieder bei null anfangen kann, fand er eine Lösung: Eine App, die vom Webserver heruntergeladen wird und die Darstellung und Bedienung der Webinhalte übernimmt. Natürlich handelt es sich um eine Windows- App, was denn sonst.
Aus Entwicklersicht haben wir zumindest eine "erfreuliche" Entwicklung: Es gibt quasi nur noch einen Browser. Der Firefox spielt keine Rolle mehr, es kann also ausschließlich für Chromium programmiert und getestet werden.
Warum reden wir zudem immer nur über Microsoft? Kann sich jemand auch nur annähernd ausmahlen, was bei einer Betriebsprüfung durch AutoDesk passiert? Hierzu könnte ich einen ganzen Roman schreiben, auch wie rechtlich schutzlos unsere Rechtsabteilungen gegenüber Amerikanischen Unternehmen, die nach Irischem Recht ihre AGB herausgeben, ausgeliefert sind. Aber das sprengt nun wirklich den Rahmen hier. Und kennt jemand Adobe?
