Ich persoenlich nutze Arch seit ~2007, Debian kenne ich seit 2005. Vor Debian war Slackware meine Lieblingsdistribution, aber das ist ja nun ganz gut dabei in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden.
Ich kann mich ganz gut daran erinnern dass es damals eine ganz deutliche "Voelkerwanderung" von Slackware und Gentoo Richtung Arch gegeben hat, weil Arch irgendwo die Vorteile der beiden Distributionen besitzt und zugleich einige deutliche Nachteile umgeht (mangelndes Paketmanagement im Falle von Slackware und Kompilier-Wahnsinn im Falle von Gentoo).
Was für Arch spricht ist yaourt und die Tatsache, dass grundsätzlich recht wenig an der Software modifiziert wird, ein Prinzip was man von Slackware here kennt. Debian meint es ja eher gut mit dem 'eigenen Stil' und da werden meinem Gefuehl nach schonmal eher heftigere Patches eingespielt, die die Konfiguration zugunsten eines einheitlichen "Debian-Stils" verbiegen, was ich persoenlich eher ungluecklich finde.
Aber das aendert nichts an der Tatsache, dass Debian fuer Systeme, bei denen es auf Zuverlaessigkeit ankommt, die sichere/bessere Wahl ist. Auf Servern und auf meinem Backup-Zweitrechner habe ich immer ein Debian drauf, einfach um im Fall der Faelle eine funktionierende Kiste zu haben.
Die Vorteile von Arch im Alltag wiegen fuer mich die Nachteile allerdings total auf. Um ein paar Punkte zu nennen:
- Debian mag mehr Pakete haben, die Pakete die ich allerdings taeglich brauche und die mir wichtig sind sind bei Arch aktueller
- Arch hat dank yaourt ein sehr spannendes System zum Installieren von experimenteller Software, insbesondere wenn man selbst vor sich hin programmiert wird man froh sein über yaourt einfach an git-Versionen und Quellen von Software zu kommen, die Debian erst in Jahren bereitstellen kann (wenn ueberhaupt)
- Arch ist weit weniger zimperlich was das Bereitstellen von Software angeht, die mit anderen Lizenzen vorliegt (hier auch wieder ueber yaourt); da muss man bei Debian dann doch wieder viel manuell machen
Diese ganzen genannten Punkte sind natuerlich alle auch zu einem gewissen Grade als Nachteil zu interpretieren. Wer auf Sicherheit wert setzt sollte von yaourt die Finger lassen; wer sich mit den ethischen Grundsaetzen der Open-Source-Bewegung auseinandersetzt wird Bedenken bzgl. yaourt haben.
Ein weit verbreiteter Mythos, dass Arch im Alltagsbetrieb unstabil waere und sich gelegentlich zerlegt, fusst in meinen Augen auf Erfahrungen die Leute vor ~10 Jahren gemacht haben als Internetleitungen noch sehr langsam und die Manpowert hinter Arch gering(er) war. Es stimmt dass man eine Arch-Kiste alle 2 Wochen updaten sollte, damit sie gut laeuft - das ist anders als bei Debian und Co. Das dauert aber heutzutage keine 10 Minuten mehr, ganz anders noch als vor 10 Jahren wo man fuer ein pacman -Syu schon Zeit einplanen musste. Und wie gesagt, subjektiv hat sich die Qualitaet der Arch-Software sichtbar verbessert.
Aber es stimmt, Arch ist und bleibt ein Frickelsystem fuer Nutzer die gerne und oft selber Hand anlegen, das war immer so und wird vermutlich auch noch lange so brauchen. Aus meiner Erfahrung macht das Frickeln mit Arch allerdings deutlich mehr Spass als mit Debian, weil man von Haus aus dafuer spannende Werkzeuge zur Verfuegung gestellt bekommt, die man bei Debian vermisst. Frueher hat Gentoo mal diese Position inne gehabt, das ist allerdings heutzutage auch ziemlich im Nebel verschwunden, ich vermute mal weil portage nichts kann was pacman/yaourt nicht auch (besser) koennen, abgesehen davon dass die Idee dass man alles selber bauen muss ziemlich realitaetsfremd ist.
Edit: Um allerdings mal etwas auf das Thema zurueckzukommen: Der Sinn von Manjaro bzw. Antergos erschließt sich mir nicht ganz, weil ich die Staerken von Arch im Bereich der Frickelei/Selber-Hand-anlegens sehe, und Antergors/Manjaro ja anscheinend eher auf den Einsteiger-Bereich abzielen, wo ein stabiler Unterbau in meinen Augen mehr Sinn ergibt. Aber auf der anderen Seite stimmt es dass der Arch Installationsprozess unnoetig unfreundlich und fies ist, also zumindest ein vernuenftiger Installer fuer Arch ist in meinen Augen keine schlechte Idee.