[HOWTO] Spiel in den Scharnieren beseitigen (alle klassischen Thinkpad Serien)

Thomebau

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Hi,
ich mache mir jetzt schon länger Gedanken über das Spiel in den Scharnieren, kann ja nicht sein dass da ein Neukauf die einzige Möglichkeit sei soll dieses zu beseitigen.

Heute ist mir der entscheidende Einfall dazu gekommen nachdem ich an verschiedenen unterschiedlichen Scharnieren die genaue Funktions und Produktionsweise durch reverse Engineering ermittelt habe.

Im Grunde genommen sind alle Scharniere die ich bisher in den Fingern hatte (bei Thinkpads) aus den gleichen funktionalen Bauteilen aufgebaut (Modell bewusst stark vereinfacht):


  1. untere Aufnahme (blau)
  2. einseitig abgeflachte Welle (rot)
  3. obere Aufnahme mit Reibungserzeuger (grün)

Render zusammenbau.jpgIMG_1465.jpg1392993333303.jpg


relevant für unsere Unternehmung sind dabei nur die Welle und die untere Aufnahme.

Render demontiert.jpg

Diese beiden werden durch einpressen der geriffelten Welle in die untere Aufnahme miteinander verbunden.
IMG_1471.jpgIMG_1473.jpg
Und genau dies ist der Knackpunkt an dem nach etlichen hundert Belastungswechseln das Spiel entsteht, denn hierbei handelt es sich nicht um eine formschlüssige Verbindung, sondern die Hauptlast liegt auf der Rändelung der Welle und wenn diese sich abnutzt entsteht Spiel dass dann rasch immer größer wird.

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Durch die abgeflachte Form der Welle ist das Spiel zwar begrenzt (die Scharniere erreichen also irgendwann ein maximales Spiel und können nicht plötzlich ganz ausfallen (es sei denn der Reibungsteil der oberen Aufnahme versagt)).

Wenn die Teile also entsprechend verschlissen sind kann man diese ohne, bzw. mit geringem Kraftaufwand voneinander trennen.

Ich hab diese nun mit Bremsenreiniger gesäubert (besonder wichtig: an der Welle nur den abgeflachten Teil säubern, sonst wird das Scharnier schwergängig und die typischen Probleme wie ausreißen aus den Schrauben treten auf).

Anschließend habe ich JB-Weld angerührt (man brauch wirklich nur eine Kleinstmenge) und dieses mit einem Zahnstocher in die untere Aufnahme geschmiert.

Ich nehme dafür JB-Weld weil dies metallähnliche Eigenschaften bekommt sobald es ausgehärtet ist (relativ hohe Zähigkeit, Zug- und Druckfestigkeit) und eine sehr gute spaltfüllende Wirkung hat (zieht sich kaum zusammen beim aushärten). Daher ist es ideal um die Welle in die untere Aufnahme zu kleben.

IMG_1488.jpgIMG_1483.jpg

Der überschüssige Kleber tritt dann auf der anderen Seite wieder aus und kann zu einem Pilz umgeformt werden so dass zusätzliche Kontaktfläche entsteht.
IMG_1485.jpg

Wichtig ist beim Kleben, dass man unter allen Umständen verhindert dass Kleber auf den Reibungsteil oder andere als den Abgeflachten Teil der Welle kommt!
Außerdem sollte man darauf achten dass man auch sicher das rechte Oberteil in das rechte Unterteil klebt, hierzu sind diese (zumindest beim R60) eindeutig beschriftet.


Sobald der Kleber ausgehärtet ist (ich lasse die Teile immer 24h auf der Heizung liegen) kann man sein Thinkpad wieder zusammenbauen und das Spiel sollte für eine sehr lange Zeit beseitigt sein (damit wieder Spiel entsteht müsste ja irgendwie der Kleber in den Zwischenräumen komprimiert oder verdrängt werden was praktisch unmöglich ist).
Der Kleber erfüllt hier also nur indirekt seine Wirkung als Kleber, der Hauptzweck ist hierbei nämlich das auffüllen des Spaltes, denn die Verpressung ist nicht 100% formschlüssig.


Zu guterletzt sollte sich also auch das Problem von komplett versagenden Scharnieren leicht beseitigen lassen (gebrochene oder abgerissene Scharniere natürlich außen vor). Und zwar muss hier die Reibung wieder erhöht werden, man trennt also das Oberteil von der Welle, biegt den Reibungserzeugenden Teil minimal nach und presst die Welle wieder ein.

In welcher Stellung man dabei die Welle wieder einpresst spielt keine Rolle, da die Oberteile sich im nicht verbauten Zustand sowieso um 360° um die Welle drehen können, eine künstliche Begrenzung ist also nicht vorhanden.



Eintrag ins Wiki und auf meine Website erfolgt am Wochenende.


Kommentare und Anregungen ausdrücklich erwünscht.

Hier gehts zur englischen Version / here you get the english version
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich kenne den Kleber zwar nicht, aber das klingt nicht flüssig genug...
Du musst das Scharnier auseinander nehmen und dann die Innenseite des Grundkörpers mit Kleber bestreichen.
Wennn du dir jetzt Kleber kaufen gehst, achte darauf dass du welchen nimmst der nicht schrumpft und schön flüssig ist.
 
Also den Stift nicht sondern das Gegenstück?!

Wenn flüssig, dann hole ich mir den "JB Weld". Welcher von dem Hersteller? Gibt wohl 3 verschiedene, wobei einer wohl weckfällt, da dieser wohl schneller aushärtet.

Danke im Voraus!
 
im Prinzip ist es egal wo du den Kleber drauf schmierst, ich habs in das Unterteil reingeschmiert, da ließ es sich am besten verteilen.

Ob du Autoweld oder Adhesive Weld nimmst ist meines Wissens nach egal.
 
ich hab hier in paar t400 scharniere, willste mal versuchen die zu reparieren?
 
Die sind doch genauso aufgebaut, da wird das nicht anders funktionieren als hier auch ;)
 
also wenn ich meine scharniere mit denen in deinem ersten post vergleiche, dann sind meine ganz anders.

ich lad gleich ein paar bildchen hoch.



die scharniere haben spiel, um die 1,5cm.
was da nun locker ist, ist schwer zu beschreiben. ist eigentlich an beiden scharbieren so, der untere teil der mit der base verschraubt wird und der stift sind fest.
es wackelt nur der obere teil der quasi um den stift gelegt wurde. das teil wackelt aber nicht nur vor und zurück, im ausgebauten zustande ist auch eine leichte bewegung seitlich da.
irgendwie wie ein ausgeschlagenes kugellager...
 
Zuletzt bearbeitet:
So weit ich das da erkennen kann ist das genau die selbe Konstruktion, nur dass es halt keine Durchgangsbohrung ist.
Wenn du die entbehren kannst würde ich die gerne mal auseinander nehmen, sollte aber eigentlich nichts anderes sein als die R60 Scharniere.
 
So, ich habe mich an die T400 Scharniere gewagt, es ist zwar machbar die zu reparieren, steht aber in keinem Verhältnis zum Preis neuer Scharniere. Der Aufwand ist immens und daher ist das nicht mal eben schnell gemacht:

Und zwar ist der Aufbau wie folgt:
  • Untere Aufnahme
  • Bolzen
  • Obere Aufnahme mit Reibungserzeuger

Zusammen.jpg

Wobei hierbei das Spiel im Reibungserzeuger entsteht und nicht in der Verpressung des Bolzens!
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Anscheinend hat Lenovo bei der Verpressung des Bolzens im Vergleich zu denen der Vorgänger nachgearbeitet, der sitzt Bombenfest und ich bekomme ihn nicht demontiert.

Doch nun zum Knackpunkt, dem Reibungserzeuger.
Diesen habe ich demontiert, er besteht außen aus diesem Gehäuse:
obere Aufnahme.jpg

Und den darin sitzenden 11 kleinen gestanzten Plättchen:
Scharnier Stanzteil001.jpg

Diese Stanzteile werden wohl bei der Produktion in die Nut des Gehäuses gepresst, gefettet und anschließend wird das Gehäuse verstemmt (wie auf dem obigen Bild gut zu sehen ist musste ich die Verstemmung wegfräsen um den Reibungserzeuger zu öffnen).

Nun zum Verständnis ein kleiner Exkurs in die Welt der Stanzteile:
Stanzteile werden hergestellt indem ein Blech zwischen Stempel und Matritze gelegt wird, der Stempel fährt durch das Blech, in die Matritze und "schneidet" dabei glatt das Blech bis zu einer gewissen Stelle an der der restliche tragende Querschnitt so gering ist, dass der Rest einfach abreißt (ich hab das mal versucht in einer kleinen Grafik zu verdeutlichen).
Stanzen.PNG

Diese scharfen Kanten werden zwar in der Regel durch Trommelschleifen verrundet, ganz entfernt werden sie normalerweise aber nie, da sie entweder nicht stören, oder (wie hier) eine Funktion erfüllen.
Der tragende Teil Innen ist in diesem Fall die Schnittkante, außen jedoch der Abbruch! D.h. der Bolzen läuft in der glatten Schnittkante (mit Untermaß zum Bolzen um Reibung zu erzeugen) und wird somit sicher geführt, die Plättchen selbst jedoch halten nur dadurch im Gehäuse des Reibungserzeugers, dass der Abbruch außen Übermaß hat und diese Plättchen in die Nut des Gehäuses gepresst werden.

Wie wirkt sich nun Verschleiß auf unser Stanzteil aus? Dadurch dass innen die Schnittkante trägt wird bei Verschleiß der tragende Querschnitt größer und der Verschleiß reduziert sich ein wenig selbstständig, auch wenn die Vorspannung im Scharnier nach und nach ein wenig nach lässt entsteht kein Spiel. Außen jedoch, verschleißt der stehen gebliebene Abbruch! Hier entwickelt sich nach und nach Spiel, da hier keine, bzw. nur minimale Vorspannung existiert, ist diese erst mal weg und das Scharnier hat ein wenig Spiel, wird es schnell mehr und mehr bis irgendwann ein Bruch der Stanzteile oder der Nut durch die permanenten ruckartigen Lastwechsel auftritt.

Wenn man sich das Bild des Stanzteils genau anschaut sieht man was ich meine, innen steht die glatte Schnittfläche hervor (1) und stellt den Kontakt zum Bolzen her, außen ist der Abbruch bereits vollständig verschlissen (2).
Scharnier Stanzteil001 beschriftet.jpg

Auf der Welle selbst sieht man auch schön die Laufspuren der einzelnen Plättchen:
untere Aufnahme.jpg

Wie ließe sich das ganze nun theoretisch reparieren?
In dem man die Nut mit JB-Weld füllt und anschließend die Plättchen wieder einführt. Dies ist allerdings mit einigen Schwierigkeiten verbunden:
  1. muss zur Demontage die Verstemmung weggefräst werden
  2. lässt sich kaum Vermeiden dass dabei Kleber an Stellen gelangt wo er nicht hin gehört
  3. lässt sich beim rechten Scharnier die Verstemmung nicht so einfach wegfräsen, da hier die Anbindung des Displays im Weg ist, da diese ebenfalls verstemmt ist müsste diese aufgebohrt werden und wäre danach kaum wieder sicher zu befestigen
rechtes Scharnier.jpg

Von daher bin ich der Meinung dass eine Reparatur der T400 Scharnier konstruktionsbedingt so kompliziert wäre dass diese sich nicht lohnt. Die Chancen dabei das Scharnier endgültig unbrauchbar zu machen sind extrem hoch.

Tut mir leid dass ich dafür nur mit einer theoretischen Lösung aufkommen kann aber die Lenovo Ingenieure haben da mal wieder ganze Arbeit geleistet es so schwer wie irgend möglich zu machen :D

Zum Abschluss möchte ich noch Deufel danken für das zur Verfügung stellen der T400 Scharniere.
 
Zuletzt bearbeitet:
war mir irgendwie auch klar das man die nicht "verlustfrei" auseinander nehmen kann, nachdem ich mir die ausgebauten scharniere angeschaut hab.
 
@Thomebau:
Tolle forensische Arbeit. Vielleicht solltest Du im drittletzten Bild mit Pfeilen und kurzen Text erläutern, was Du im Text dazu beschrieben hast. Dann gehört auch dieser Beitrag ins Wiki
 
Das eigentliche Problem scheint mir die Schwergängigkeit der Reibflächen. Dadurch wird überhaupt diese enorme Last auf andere Verbindungsstellen gebracht. Wenn man durch den Saturn geht: alle normalen Laptopdeckel lassen sich leichter klappen und fallen keineswegs runter.

Also nach einer Reparatur, vielleicht die Achse mal etwas fetten...
 
Ich glaub dafür wären die Einschaltquoten zu gering :D
@Thomebau:
Tolle forensische Arbeit. Vielleicht solltest Du im drittletzten Bild mit Pfeilen und kurzen Text erläutern, was Du im Text dazu beschrieben hast. Dann gehört auch dieser Beitrag ins Wiki

Mach ich beides noch...

EDIT:
Hab das Bild noch beschriftet.

Wiki Beitrag ist fertig.
http://thinkwiki.de/Scharniere_reparieren
 
Zuletzt bearbeitet:
ich kram den mal hoch: Gibt es Erfahrungen, ob das auch mit den Scharnieren des T420s geht oder ob da auch die Scharniere wie im T400 drinstecken?
 
Das kannst du ganz einfach nach schauen. Du musst die nicht mal ausbauen...
 
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