Flexing selbst reparieren - Reflowlöten im Backofen - Erfahrungsbericht/Anleitung

asmael

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Hallo allerseits...
Nachdem ich mir hier in der letzten Zeit so viele Anregungen geholt habe, und dank der Erfahrungsberichte - besonders derer, bei denen es nicht geklappt hat - mein flexinggeplagtes Mainboard reparieren konnte, möchte ich hiermit der Community auch mal ein kleines How-To von meiner erfolgreichen Reparatur zurückgeben.

Zuerst einmal: Die kursierenden Anleitungen zur Reparatur mit der Heißluftpistole halte ich für die schlechteste aller Möglichkeiten, da die Temperarur zu schlecht steuerbar ist. Könnte man diesen (bis zu 600°C) heißen Luftstrom so genau wie nötig dosieren, müßte man den Rest des Boards nicht mit Alufolie abdecken, da der Kunststoff der Steckverbinder bei den benötigten ~260°C noch nicht zu kokeln beginnt. Außerdem birgt das Abdecken mit Alufolie das Risiko, daß an den Rändern der Abdeckung befindliche Bauteile so heiß werden, daß der Zinn schmilzt und sie durch die Folie verschoben werden. Von der Zerstörung des Grafikchips durch Überhitzung ganz zu schweigen...

Benötigte Utensilien:

1 flexinggeschädigtes IBM T4x-Mainboard
1 Backofen
1 möglichst planes Backblech
11 Holzschrauben 3,5x20mm, die genaue Länge ist nicht so wesentlich, der Durchmesser hingegen schon
1 Tube Löthonig (Conrad, 3€)
Ethanol (Brennspiritus)
1 Spritze 10 ml (Apotheke)
1 Kanüle mit dem größten erhältlichen (Innen-)Durchmesser (Apotheke)

Optional:
1 Thermometer bis mindestens 260°C
1 altes/defektes Mainboard aus dem Elektroschrott, auf dem sich ein BGA-Chip befindet (North/Southbridge)
1 kleines Stück Lötzinn (0,5 cm)
1 Digitalkamera


Vorbereitung:

Ich gehe davon aus, daß das Mainboard ausgebaut und sämtliche angesteckten und angeschraubten Dinge entfernt wurden(Prozessor, RAM, Biosbatterie,TCPA-Chip,...). Nun empfiehlt es sich, von beiden Seiten des Boards ein Foto zu machen, um die Position sämtlicher Schutzfolien nach der Reparatur nachvollziehen zu können.
Genau diese Schutzfolien und Aufkleber werden jetzt sehr vorsichtig abgezogen - alle bis auf die kleinen weißen auf der Unterseite mit Seriennummer, FRU-Nummer und Mac-Adresse, die können die Prozedur ab.
Jetzt schauen wir uns die Unterseite des Boards an:
Dort sind 21 KUPFERGESÄUMTE Löcher verschiedener Größe zu sehen.
NICHT für uns interessant sind folgende:
Die 3 Löcher, durch die der CPU-Kühler verschraubt wird
Die 2 Löcher links und rechts des Steckverbinders für den PCMCIA-Slot
Die 2 Löcher, die auf der Vorderseite des Boards silberne Abstandshalter für die Bluetoothkarte angelötet haben (Finger weg davon!!!)
Die 2 Löcher links und rechts des Steckverbinders für das optische Laufwerk
Das eine dem Parallelport nächste Loch

In die 11 verbleibenden Löcher, die alle die gleiche Größe haben, werden nun von der Unterseite mit der Hand die Holzschrauben eingedreht. So fest es von Hand geht (ca. eine halbe bis dreiviertel Umdrehung), aber nicht mit einem Schraubenzieher, da das das Board sonst Schaden nehmen könnte. Die Schrauben sollten alle etwas schräg in etwa die gleiche Richtung stehen.

Jetzt wird etwas Löthonig in ein Schnapsglas gegeben, schrittweise mit Spiritus verdünnt und gut gemischt. Die Mischung muß dünnflüssig genug sein, um mit der Kanüle aufgezogen und unter den Grafikchip laufen zu können (Kapillareffekt), darf aber auch nicht zu flüssig sein. Aus der oberen Hälfte des Glases (ohne die flockigen Bestandteile) wird nun ein wenig der Lösung mit der Spritze aufgezogen und mittels Kanüle von allen Seiten unter den Grafikchip laufen gelassen. Wenn ich mich recht entsinne, ist 1/2 ml mehr als genug. (evtl. Test mit einem alten Mainboard aus dem Müll machen, ob der Kram flüssig genug ist, um unter BGA-Chips zu laufen)

Nun wird der Backofen auf 100°C vorgeheizt (keine Umluft!) und das Board auf einem Backblech (mittlere/untere Schiene) kurz auf die in das Board eingedrehten Schrauben hineingestellt, damit der Spiritus aus dem Löthonig aussiedet. Sobald die Blasenbildung um den Grafikchip etwas nachläßt, wird das Board aus dem Ofen genommen.

Bis jetzt ist noch nichts besser, aber auch nicht schlimmer geworden. Das wird sich nun schlagartig ändern. Jeder Backofen ist anders, jeder Thermostat hat andere Toleranzen, und der Temperaturunterschied zwischen den Schaltzuständen "Heizung aus" und "Heizung an" kann recht groß sein. Ich empfehle daher einen Test mit einem Board vom Elektroschrott oder ein Thermometer, um die Temperatur und die Backzeit einzustellen. Meinen Backofen hatte ich auf 260°C vorgeheizt und das Board zu Beginn der Nachheizphase eingestellt, also sobald der Thermostat die Heizung wieder zuschaltet. Bei meinem Testboard wurde ein auf einen Chip gelegtes Stück Lötzinn nach 1'45'' flüssig, nach 2' ließ sich ein BGA-Chip bewegen. Falls sich eure Zeiten also dramatisch von meinen unterscheiden, sollte die Backzeit und/oder Temperatureinstellung dementsprechend angepaßt werden. 260°C sind die im Reflowlöten maximal zulässige Temperatur, viel niedriger sollte sie aber auch nicht liegen, da sonst die Lötstelle sonst nicht sauber verbindet. Und bei mir waren 3'45'' - beim ersten Versuch ohne Löthonig - zu wenig.


Operation am offenen Herzen:

Das Board wird auf die eingedrehten Schrauben in den auf 260° vorgeheizten Ofen (keine Umluft!) gestellt, sobald der Thermostat die Heizung wieder zuschaltet. Klappe schnell wieder zu und mit einer Stoppuhr danebenstellen. Nach 4'15'' bis 4'30'' wird der Ofen ausgeschaltet und die Klappe vorsichtig einen 10 cm weiten Spalt geöffnet, so daß das Board langsam abkühlen kann. Dabei sollte der Ofen keinen größeren Erschütterungen ausgesetzt werden. Nun muß das Board mindestens eine halbe Stunde auskühlen. Währenddessen nicht anfassen, nicht aus dem Ofen nehmen...

Für den Fall, daß vor Ende der angepeilten Lötzeit der Löthonig stark zu rauchen beginnt: Ofen aus, auskühlen lassen, testen. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat die Zeit schon gereicht, und rauchender Löthonig ist kein Zeichen für den Exitus des Boards.

Weitere Hinweise:

- Das erste Anschalten nach kompletter Demontage scheint nie zu funktionieren, mein Board brauchte jedes mal 2 oder 3 Anläufe. Danach ging es aber wieder sofort beim ersten drücken des Powerknopfes.

- Es gibt sicherlich tolle Flußmittel als Löthonig (Kolophonium). Daß diese meist wesentlich teurer sind, ist noch das geringste Argument. Leider sind viele der anderen Flußmittel säurehaltig und damit korrosiv, müssen also nach dem Löten von der Platine abgespült werden. Diesen Schweinkram wollte ich mir bei einem BGA-Chip, unter dem nur wenige zehntel Millimeter Platz sind, nicht antun. Löthonig dagegen schützt die Lötstelle sogar noch.


Viel Erfolg!

/Asmael
 
Funktioniert wieder!!!

Hallo
Habs auch genau nach asmaels Anleitung ausprobiert:

- Mainboard ausgebaut (T40)
- alle Aufkleber/Folien vom Board abgemacht (natürlich auch PCMCIA-Einschub, Security Chip)
- Löthoniggemisch unter den Grafikchip
- zuerst bei 100 C im Minibackofen (Spiritus verflüchtet)
- dann noch mal kurz bei 250 C (bis sich das Stück Lötzinn auf dem Grafikchip verformte)
- sofort ausgeschaltet und die Ofentür halb geöffnet
- ca. 30 Min abkühlen lassen
- alles wieder zusammengebaut

Seit ca. 2 Wochen funktioniert der IBM wieder einwandfrei.

Vielen Dank amsael.

Gruss
onkelheine :thumbsup:
 
Bitte realistisch bleiben

Denn nicht jeder hat so eine Ausrüstung mal eben so daheim herumfahren. Sicherlich ist eine Kontrolle der Temperatur mit einem speziell dafür einsetzbaren Thermometer die idealste lösung. Es ist halt nicht so das jeder Ofen einwandfrei geeicht ist und Temperaturschwankungen immer auftreten können.

Trotzdem ist für die breite Masse das "Backen" im Ofen die Idealste Lösung, da das reparieren hier, frei nach dem Schwäbischen Prinzip ("Mit dem minimalsten Einsatz, die maximalste Effizienz rausholen") einfach zu machen ist. Und weil so gut wie jeder daheim einen Backofen hat.

Gruß, Adama
 
Hab mir das ganze mal durchgelesen, und überlege ob ich meinen alten Medion Laptop nach dem System repariere oder es zumindest versuche. Das Geld für professionelle Hilfe ist dieser wohl nicht mehr wert. Frage: Gibt es beim Reflowlöten im Backofen nicht das Problem das sich die smd Bauteile an der Unterseite durch die Hitze ablösen. Oder plaziert man das Board im Backofen möglichst nah an den oberen Heizspiralen, damit sich die obere Fläche sehr viel schneller aufheizt.
Haben die Ibm Boards nicht das Problem von Bauteilen auf der Unterseite = alle Bauteile oben ?
 
Rechner gebacken, tut wieder - unglaublich

Ich habe es vorgestern ausprobiert. Ich hatte zwei geflexte T40/T41 Boards bei mir. Das erste Board ist wohl etwas zu heiß geworden und ist jetzt Schrott - aber das war's ja vorher auch schon. Ich hatte zwar ein Backofentermometer, aber beim Nachheizen scheint der Ofen zu heiß zu werden. Was mich etwas skeptisch stimmte war, dass auf der Unterseite eine Spule abgefallen war. Wüsste nicht, wie man die wieder anlöten könnte.

Mit dem zweiten Board war ich daher etwas vorsichtiger. Ich hab's diesmal auf einem kalten Backblech in den vorgeheizten Backofen (Termometer zeigte vorher 255°). Dachte, durch das kalte Blech kommt nicht mehr ganz so viel Hitze an die Bauteile auf der Unterseite. Hab das Termometer mit auf das kalte Blech und es ist nicht mehr über 240°C gekommen. 4:30 min scheint mir die maximale Zeit zu sein. Das Kollophonium fing gerade an zu rauchen - also Ofentür auf und Ofen aus. Nach dem Abkühlen eingebaut und, oh Wunder, der Rechner läuft wieder ohne Flexing! Bin begeistert.

Also mein Zusatztip: kaltes Backblech, 250°C sollte auch reichen, nicht länger als 4:30 min. Bei geringfügig über 260°C ist das Board nämlich gar :)

Weiter viel Erfolg allen Mutigen ...
 
Ihr seid ja krass drauf 8| :D
Ich backe mir nen Thinkpad...

Kannst Dich ja beim "Perfekten Dinner" auf Vox bewerben


Aber trotzdem Glückwunsch!
 
Das nenne ich auch mal TP a la Kollophonium im Knusper Mantel .. :)

Die nicht so mutigen... sollten lieber Reflowing Repair in Anspruch nehmen :)



Nicht das das Forum noch zum TP Backstudio wird nach letztens frisch aufgebackenen SXGA+ LCDs mit Rösti-Scheibe :)

Grüsse KalvinKlein
 
TP auf ein kaltes Blech legen und 4:30 min Goldbraun backen....

Ihr seit ja total durchgeknallt :thumbsup:

Bei Galileo läuft grad eine Brezel produktion... Schön mit Käse überbacken... Wär das nich auch was fürs Mainboard...

Ne neue Marktlücke :thumbsup:
 
[quote='Samy-t42',index.php?page=Thread&postID=780650#post780650] Zitat von »PoLaKa_89«
TP auf ein kaltes Blech legen und 4:30 min Goldbraun backen....

Ihr seit ja total durchgeknallt :thumbsup:

Bei Galileo läuft grad eine Brezel produktion... Schön mit Käse überbacken... Wär das nich auch was fürs Mainboard...

Ne neue Marktlücke :thumbsup:


Sowas ähnliches hatten wir schonmal![/quote]


Was Käseüberbackene Brezel oder das jemand das witzig findet..?

Fals letzteres- Spaßbremse :thumbdown:

Aber cool is und bleibt es :thumbsup:
 
[quote='PoLaKa_89',index.php?page=Thread&postID=780660#post780660][quote='Samy-t42',index.php?page=Thread&postID=780650#post780650] Zitat von »PoLaKa_89«
TP auf ein kaltes Blech legen und 4:30 min Goldbraun backen....

Ihr seit ja total durchgeknallt :thumbsup:

Bei Galileo läuft grad eine Brezel produktion... Schön mit Käse überbacken... Wär das nich auch was fürs Mainboard...

Ne neue Marktlücke :thumbsup:


Sowas ähnliches hatten wir schonmal![/quote]


Was Käseüberbackene Brezel oder das jemand das witzig findet..?

Fals letzteres- Spaßbremse :thumbdown:

Aber cool is und bleibt es :thumbsup:[/quote]
Nein,das war auf das LCD BREZEL bezogen. :D
 
[quote='PoLaKa_89',index.php?page=Thread&postID=780638#post780638]Ihr seit ja total durchgeknallt[/quote]
Deshalb: Biotop der ... :D

Zu dem Gericht wird ein "1911er Mouton-Rothschild auf Tastatur" gereicht mit einen "Sambuca auf BGA" gewärmt...
 
Aber bitte erst ab T60, der hat Ablauflöcher in der Tastatur :thumbsup:
 
Echt? Dass T40 die Wanne hat weiß ich, aber die durchgehenden Löcher, wo die Suppe dann unterm Thinkpad wieder rausläuft? Auch schon ab T40? Wieder was gelernt ;)
 
[quote='Mornsgrans',index.php?page=Thread&postID=780696#post780696][quote='PoLaKa_89',index.php?page=Thread&postID=780638#post780638]Ihr seit ja total durchgeknallt[/quote]
Deshalb: Biotop der ... :D

Zu dem Gericht wird ein "1911er Mouton-Rothschild auf Tastatur" gereicht mit einen "Sambuca auf BGA" gewärmt...[/quote]
Alternativ die Frühstücksversion mit "schwarzem, coffeinhaltigem Heißgetränk" auf Tastatur sowie eine leckere 14,1 oder 15" LCD Brezel
Achso, und die lüftergeröstete Formicidae hatten wir auch mal im Angebot :D
 
Meinst du wohl im Spaß.

Aber ernsthaft, ich habe einen Spezialfön, vom Fußbodenverlegehandwerk,
der 5 verschiedene (Fest)Temperaturen zum Einstellen hat. So was direkt rund
um den Grafikchip nach der vorbreiteten Behandlung -wie beschrieben- es
reizt mich ziemlich... Wozu das gesamte Board erwärmen, wenn der Fehler
nur punktuell ist? Die Idee mit dem Teststück Lötzinn:super simpel und
trotzdem effizient.[quote='Think_freak',index.php?page=Thread&postID=574849#post574849]Backofen ist ungeeignet, Bügeleisen geht besser.
[/quote]
 
Und was passiert wenn die thermischen Spannungen zu groß werden? Siehe kochendes Wasser in kaltes Glas ;)

Wenn dann alles gleichmäßig heiss machen würde ich sagen. Wobei ich nicht weiss wie groß der thermische Ausdehnungskoeffizient von dem Kram ist.
 
Moin,

ich beglückwünsche jeden, der einen Zufallstreffer landet, der von zwölf bis Mittag hält! :)

Sonst sage ich nur Popcorn Effekt !

Warum löten Tobias oder Nick wohl mit Temperaturprofilen? Auf teuren Maschinen? Zum Spaß?? :D

Klaus
 
Ja das ist natürlich richtig, aber die professionelle Behandlung kostet mich rund 150, oder was ich mal gelesen hab.
Und dann hab ich auch keine Garantie das es funktioniert hat. Mein Gerät ist ohnehin nur noch 200 wert wenn überhaupt.
Außerdem hat er mich schon so oft geärgert das er es verdient hat in der Hölle zu schmoren!
Werde ihn wohl übers Wochenende rösten.
 
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