[quote='daedalvs',index.php?page=Thread&postID=385730#post385730]Definier mir doch mal bitte "menschenwürdig". Leben nicht 80% der Welt noch "menschenunwürdiger" als die deutsche Unterschicht?[/quote]Gerne.
Du hast recht das gerecht und menschenwürdig etwas "schwammig" ist. Es sollte aber bewußt dieser schwammige Grundkonsens unserer Gesellschaft, den du als Gedanken (durchaus unterschiedlich ausformuliert) in jedem Grundsatzprogramm einer größeren Partei nachlesen kannst, gewählt werden. Konkretisierung am Beispiel. Der verwahrte psychisch Kranke, der mit chemischer oder physischer Fessel bis zum Lebensende ohne persönliche Ansprache verwahrt wird vs. den Behinderten, der in einer beschützenden Werkstatt etwas sinnvolles herstellt und dafür einen "Lohn" zur Verfügung erhält über den er im Rahmen seiner Möglichkeiten frei verfügen kann. Das erste würd ich menschenunwürdig nennen und war für viele vor der Enquete-Komission Standard, das zweite würd ich als menschenwürdig bezeichnen.
Allgemein und abstrakt: Der Mensch unterscheidet sich vom Tier durch sein kulturelles Zusammenwirken, durch die umfassende Teilhabe an der Gemeinschaft in der er lebt. Dazu gehört in der entwickelten arbeitsteiligen Gesellschaft auch die Teilhabe an gesellschaftlich sinnvoller Arbeit. Bumsen, Fressen, Schlafen unterscheidet den Menschen jedenfalls nicht vom Tier, auch wenn es auf pekuniär gehobener Ebene stattfindet. Er wird auch dadurch nicht Mensch, das man ihn wie einen Hund zur Arbeit prügelt und ihm regelmäßig sein Essen vorsetzt, damit er nicht verhungert (Sklaverei).
Wenn du jemandem, der gefehlt hat und der in seiner Gemeinschaft leben will, eine sinnvolle Arbeit gibst, ist das die Grundvoraussetzung für Teilhabe an der Gesellschaft, selbst dann wenn du als Almosenempfänger mehr hättest.
Diese Frage ist nicht generell unabhängig von Armut und Reichtum. Trotzdem ist es nicht so, das dein Menschsein direkt an den Geldbeutel geknüpft ist. Die Edelnutte eines bekannten Konzerfunktionärs ist als Spielzeug genauso ihrer Menschlichkeit beraubt wie der ständig betrunkene Indianer im Reservat oder der völlig vergessene Slumbewohner der nur noch vom Betteln und Müll lebt. Sei ehrlich, was empfindest du, wenn du solch Arme siehst? Sagst du wirklich, wie kann ich ihm helfen um morgen mit ihm Tür an Tür zu leben oder empfindest du nur Mitleid wie mit einem getreten Hund, auf den die Kamera von Animalpeace draufhält?
Wenn du die Frage ehrlich aus dem Bauch heraus beantwortet hast, bin ich fast sicher, das du nun weißt, was ich unter "Menschenwürde" verstehe.
Zur "Weltbevölkerung" und ähnlichen Verbreiterungen mag ich nur äußern, das mir die Intention ja nicht fremd ist,- das es aber erstens nicht so ist, das es irgendeinem bettelarmen Inder dadurch besser geht, das es hier mehr Harz IV-Empfänger gibt und zweitens es um die deutsche Regierung geht, die gefälligst erstmal den Dreck vor ihrer eigenen Tür kehren soll, bevor sie andere Völker mit ihren wirtschaftlich-kulturellen Vorstellungen (zwangs)beglücken sollte. Insofern ist das als Allgemeinplatz zwar richtig, verwässert aber den Lösungsansatz.
mfG
Rudolf