X1 Kleines Review zum X1 Nano G1

elarei

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Hallo zusammen,

das Bessere ist bekanntlich des Guten Untergang, aber was heißt "besser"? Weil ich damit seit Jahrzehnten hadere - Akkulaufzeit, Leistung, Bildschirmgröße, was will ich denn jetzt nur? -, schwimme ich im halb- bis ganzjährigen Wechsel von einem Thinkpad zum anderen. Meine letzten Wechsel führten mich von einem P1 Gen 4 (groß, mächtig, nach gefühlten drei Stunden platt) und dem Rebound-T480 (längst nicht so viel Power, dafür mit 90Wh Akkus über 12 Stunden Laufzeit) jetzt zu einem X1 Nano (kompakt, sexy, immerhin noch 8-10 Stunden Laufzeit). Das X1 Nano ist in unseren Gefilden anscheinend eher ein Exot, während es sich angeblich in Asien gut verkauft. Warum bloß?

Was es (nicht) ist​

Das X1 Nano ist dem Namen und seiner Natur nach ein verkleinertes X1 Carbon, sozusagen ein Derivat des besten Thinkpads, das es je gab (wenn ich meinen eigenen Reviews Glauben schenke). Wer schonmal ein X1 Carbon in der Hand hatte, weiß, dass das die Keine-Kompromisse-Portabilität-Klasse ist; mit einer Verarbeitungsqualität zum Dahinschmachten in federleichten 14" bei sehr soliden Akkulaufzeiten und solider Leistung (ohne eigenen Grafikchip, d.h. "solide" bezieht sich eher auf Office- und Alltagsaufgaben denn auf Rendering und Spielen). Das X1 Nano ist dann sozusagen das noch portablere Gerät in 13", das keiner gebraucht hat, das aber trotzdem eine erstmal etwas suspekte Erweiterung des Portfolios in eine Richtung ist, die mir recht extrem erscheint. Noch kleiner würde ich mein Gerät nicht mehr wollen, denn die Tastatur und das Display sind bereits im unteren Randbereich dessen, was ich noch angenehm benutzbar finde. Wenn das X1 Carbon sich jung, schlank und sexy anfühlt, fühlt sich das X1 Nano eher zart, frühreif und wie aus einem Roman von Vladimir Nabokov an, aber, äh, diese Analogie vertiefen wir besser nicht.

Hardware und Stromverbrauch​

Von der Hardware her gesehen verfügt das X1 Nano über eine ziemlich energiesparende Ausstattung. Mit einem sehr dezenten 1130G7-Prozessor (eine Klasse sparsamer als die im X1 Carbon verbauten 1135G7 und co) verbraucht es im Office-Betrieb ohne große WLAN-Last gerade 4 Watt und läuft somit 10-12 Stunden durch, mit ein bisschen Surfen ist also ein ganzer Arbeitstag bequem machbar. Das Display ist ebenfalls sehr sparsam und verbraucht selbst auf maximaler Helligkeit nur minimal mehr Strom. Stärker schlägt sich eine ausgelastete CPU im Stromverbrauch nieder (dann sind schon mal 20 Watt drin) sowie das WLAN-Modul, das bei kontinuierlicher Belastung auch mit ca. 4 Watt zu Buche schlägt.

Anschlüsse​

So ist das X1 Nano insgesamt ein sehr ausdauerndes, kompaktes Gerät für unterwegs. Es ist auch sehr dünn und da liegt auch der Hase begraben: Es ist so dünn, dass Lenovo auf sämtliche Anschlüsse verzichtet hat, abgesehen von zwei USB-C-Anschlüssen und einem Nano-SIM-Slot. Das könnte auch der Grund sein, warum es in Europa so selten (und ab der Gen. 3 angeblich gar nicht mehr) verkauft wird: Wer sich hierzulande zuverlässig in jeder Uni und jedem Unternehmen anschließen können will, der braucht einfach immer noch einen HDMI-Port; Miracasts, AirServer und ähnliche Geräte sind in ganz vielen Institutionen, zumindest mit denen ich zu tun habe, Mangelware.

Tastatur​

Während die Tastatur nicht so "fluffig" ist wie beim X1 Carbon (mein Vergleichsgerät ist ein etwas älteres Gen. 6 mit 8250U), da sie doch ein ganzes Stück flacher gebaut ist und weniger Hub hat, gewöhne ich mich schnell an das Format. Ich tippe dieses Review und in den letzten Wochen sehr regelmäßig auf dem X1 Nano und kann damit fast im gleichen Tempo arbeiten wie auf einer mechanischen Fullsize-Tastatur oder eben am X1 Carbon. Mir passieren spürbar mehr Tippfehler vom Typ "SHift zu lange halten" und vom Typ "Taste nicht ganz ewischt", das Ausmaß ist aber verschmerzbar.

Display​

Das IPS-Display löst mit einer etwas sonderbaren Auflösung von 2160x1350 auf und hat schöne, wenn auch nicht spektakuläre Farben wie die meisten modernen Thinkpads der Oberklasse. Die Displayränder sind schön schmal, sodass man trotz des kleinen Gerätes eine ganz anständige Arbeitsfläche erhält. Hier in meinem "Feiertagsbüro" habe ich einen 24"-FHD-Monitor zusätzlich angeschlossen, arbeite aufgrund dessen mieser Auflösung aber die meiste Zeit lieber auf dem internen Display - über Tage hinweg kein ergonomisches Problem. Die Auflösung ist in Windows bei einer Skalierung von 125% (für gute Augen) oder 150% (für entspannte Augen) angenehm zu verwenden. In Ubuntu macht eine fraktionelle Skalierung auf ähnlichem Level Sinn. Man muss gerade in der Linuxwelt gelegentlich gegensteuern, da die Skalierung noch nicht "überall" ankommt (z.B. muss man die Schriftgröße in GRUB deutlich aufbohren, wenn man noch was sehen will).

Leistung und Lüfterlärm​

Der verbaute i5-1130G7 ist kein Leistungsmonster, aber das nimmt man im Normalbetrieb als Office-Email-Browser-Mensch nicht wahr. Mit vier echten und acht gefühlten Kernen ist die Kiste geschmeidig unterwegs, wenn es um größere Installationen, das Entpacken von Archiven, das Starten größerer Software oder die Bearbeitung von Bildern geht. Im Vergleich zu meinem Desktop mit einem Ryzen 5600G nehme ich natürlich bei größeren Aufgaben schon Verzögerungen wahr, aber dass ich wirklich davon "gebremst" werde, kommt nur bei eher ungewöhnlich großen Tasks vor, z.B. beim Bearbeiten eines ganz hoch aufgelösten Fotos.
Der Lüfter des X1 Nano ist super zurückhaltend. Im Alltag läuft er am Netzteil die ganze Zeit (am Akku nicht, aber das kann man im UEFI durch die Energieprofile beeinflussen). Den Lüfter kann ich aber im Normalbetrieb nur hören, weil es hier in meinem "Feiertagsbüro" auf dem platten Land total still ist. Dabei ist er so leise, dass ich ihn schon durch mein (erkältungsfreies) Atmen locker übertöne. Unter Belastung wird er ein bisschen lauter, bleibt aber sehr zurückhaltend.

Lautsprecher und Mikrofon​

Zum Musikhören mit dem X1 Nano sollte man in den Keller gehen. Es macht keinen großen Spaß. Andererseits stört mich der sehr mäßige Klang nicht, wenn ich z.B. Podcasts, Youtube-Videos mit sprachlichem Schwerpunkt oder Videokonferenzen (bei denen sowieso fast immer das Mikrofon des Gegners der limitierende Faktor ist) konsumiere.
Das eingebaute Mikrofon ist ebenso wie die eingebaute 720p-Webcam "gerade so" in Ordnung. Für Thinkpad-Verhältnisse ist die Webcam sogar ganz gut und liefert auch bei begrenzter Belichtung ein akzeptables Bild. Beide funktionieren brauchbar, mehr aber auch nicht. Der Abstand zur Bildqualität einer guten Logitech-Webcam oder eines kleinen USB-Tischmikrofons ist riesig, aber aufgrund der Größenunterschiede auch erwartbar.

RAM und SSD​

Der RAM ist, Überraschung Überraschung, verlötet. Mein Gerät kam mit für meine Zwecke völlig ausreichenden 16 GB RAM. Die neuen Generationen gibt es auch mit 32 GB für die ultramobilen Photoshop- und Virtualisierungsfans.
Die SSD ist ein 2242-Modell und kann bis 1 TB problemlos aufgerüstet werden. Danach wird es mit 2242-SSDs eng, denn es soll auch keine doppelseitig bestückte SSD eingebaut werden. Aaaaber:
  • Dubioser Hack Nummer 1: Ein die SSD umschließendes Stückchen Blech fungiert als eine Art Heatsink und Befestigungshilfe und eine doppelseitige SSD ist minimal zu dick dafür. Wer skrupellos genug ist, kann es trotzdem so reinschrauben (gibt Beweisfotos auf Reddit, finde ich leider gerade nicht mehr, sah aber ziemlich "gequetscht" aus...) und so größere SSDs wie z.B. die Sabrent Nano unterbringen. Man sollte die Schraube dann aber nicht zu fest ziehen, um keine Spannung auf die "aufgebockten" NVMe-Kontakte zu geben. Leider sind 2242-SSDs bei gleicher Kapazität deutlich teurer als 2280-SSDs, sodass die Kosten-Nutzen-Rechnung da schnell fraglich wird.
  • Dubioser Hack Nummer 2: Wer noch skrupelloser ist, kann natürlich ganz auf die Schraube zur Befestigung der SSD verzichten und dann passen natürlich auch längere SSDs an die NVMe-Anschlüsse. Zum Beispiel eine 2280-SSD wie die Samsung 970 mit 2 TB oder eine Sabrent mit bis zu 8 TB. Die wird dann zwischen Heatsink und Unterschale "eingeklemmt" und hält so bislang einwandfrei (bei mir).

Ein Mangel an Ports​

Wer bis hierhin gelesen hat, den hat offenbar die Absenz vernünftiger USB-Ports nicht verschreckt. Mich hätte sie fast davon abgehalten, das Nano überhaupt anzuschauen. In der Realität erfordert sie eine Umgewöhnung - ist aber auch kein Weltuntergang.
Ich schließe mein Gerät eher selten irgendwo an und für diesen Fall schleppe ich tatsächlich einen USB-C-HDMI-Adapter im Laptopsleeve herum; das fühlt sich unelegant und irgendwie nach Apple an. Tatsächlich ist das aber auch das einzige Szenario, in dem ich mal auf einen HDMI-Port angewiesen wäre. USB-Sticks gibt es mittlerweile in A+C, was einige Probleme löst, und ansonsten habe ich umgelernt: Um ein gelegentliches Ubuntu-Live-System zu booten oder neue Distributionen auszuprobieren, bin ich auf ein Verfahren umgestiegen, bei dem ich statt USB-Sticks eine zusätzliche Partition anlege und mittels rEFInd Boot Manager von dieser starte. Das hat den netten Nebeneffekt, dass ich jederzeit eine ganze Handvoll Live-Distributionen auf Knopfdruck (F12) dabei habe und wenn ich mal schnell z.B. mit gParted an den Partitionen schrauben oder mit CloneZilla ein Backup machen will, geht das ohne einen USB-Stick. Ein cooles Feature, das ich mir auch am Desktop mittelfristig einrichten werde.
Fast schon "legacy" wirkt der Wunsch nach einem Ethernet-Port am Laptop, schließlich gibt es den an etlichen Geräteklassen seit Jahr(zehnt)en nicht mehr. Praktisch wäre er aber schon. Gerade für das besagte Backup per CloneZilla macht er einen Zeitunterschied von ca. Faktor 10. Wer es aber unterwegs nicht braucht, wird ihn nicht groß vermissen.

Linux​

Der Stromverbrauch unter Ubuntu ist ein ganzes Stück geringer als unter Windows; wo sich der Office-Verbrauch in meinem Windows-System bei ca. 5-6 Watt einpendelt, liegt er in Ubuntu bei ca. 4-5 Watt. Der Unterschied von ungefähr einem Watt macht sich auch in den Laufzeiten mit ca. 15-20% bemerkbar, das ist auf eine ganze Akkuladung eine Differenz von durchaus erheblichen 1-2 Stunden Mehrlaufzeit unter Ubuntu.
Allredings: In Ubuntu funktioniert der größte Teil des Systems zwar sehr rund, allerdings waren die nicht-funktionierenden Komponenten für mich als Gelegenheits-Linuxianer auch nicht zu beheben. Ein externer Bildschirm per USB-C-Dock war für mich auch mit etwas Gebastel nicht ansprechbar, und die Installation des WWAN-Modems (Fibocomm L850) habe ich nach vielen Versuchen aufgegeben, obwohl sich Anleitungen finden, die aber auf meinem System unter 22.04 nicht funktionierten. Lenovo selbst bietet für das WWAN-Modem in seinen Datenbanken keinen Linux-Treiber an. Prinzipiell finde ich das erstaunlich, weil das X1 Nano auch mit vorinstalliertem Ubuntu zu kaufen war - wahrscheinlich damals noch mit 20.04, für das man angeblich funktionsfähige Workarounds findet. Unter Windows funktionieren beide Komponenten völlig "plug and play".

Gen 2 und Gen 3​

Ich habe mich bewusst - obwohl Gen. 2 schon auf dem Markt und für "nur" 50% mehr zu haben war - für ein Gerät der ersten Generation entschieden. Die zweite Generation wird in Europa nur mit Intel-12th-Gen-p-Prozessoren (konkret dem 1240p und 1260p) verkauft, wodurch die Akkulaufzeit gegenüber der ersten Generation um die Hälfte einbricht - bei ansonsten nahezu identisch konfigurierten Geräten. Die Mehrleistung wiederum wird durch die thermischen Limits weitgehend aufgefressen. In diesem Kontext schienen mir die ca. 1000€ für ein Gen1-Gerät gegenüber ca. 1500€ für ein Gen2-Gerät glasklar besser investiert.
Für 2023 ist ein X1 Nano Gen. 3 angekündigt - aber ausschließlich für nicht-europäische Märkte. Ob Geräte ihren Weg trotzdem nach Europa finden und ob es dafür überhaupt deutsche Tastaturen geben wird, weiß noch keiner.

Kurzum​

Das X1 Nano ist ein ziemlich fesches und erstaunlich alltagstaugliches Ultra-Ultrabook, am unteren Limit dessen, was ich noch als Arbeitsgerät als angenehm empfinde, aber in diesem Kontext ziemlich großartig.
 
Ich hatte vorher ein Gerät mit ca. 1,25kg.
Wenn man häufig unterwegs ist, sind Maße und Gewicht des X1N ein Segen.
Liegt darauf also die Priorität, wäre meine Empfehlung entsprechend das Nano. Ein X1 Carbon z.B. wäre sonst die bessere Wahl.
Achso: Die Tastatur des Nano ist tatsächlich kompakter als erwartet, mich stört es nicht, braucht aber kurze Zeit der Anpassung.
 
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