Wieder besser, würde ich sagen.
Vor vielen, vielen Jahren mal mein Leib- und Magenblatt, wurde sie dann so verschnarcht, daß ich sie nicht mehr ausgehalten habe. Seit so etwa fünf, sechs Jahren geht es wieder, aber unterdessen is es mir einfach zu viel Zeitung, daß ich sie mir regelmäßig kaufen würde.
Eine hübsche Diskussion, finde ich übrigens. Daß hier noch so viele alte Säcke und Print-Leser unterwegs sind ...
Zur Objektivität:
Ich glaube nicht an die Verschwörungstheorien, daß uns die gesamte Journaille Sand in die Augen streuen möchte, mehr oder weniger im Auftrag der Mächtigen. Klar gibt es enge Verquickungen von erster und vierter Gewalt. Das ist auch unabdingbar, hat aber eben auch seine erheblichen Schattenseiten.
Aber: An Herrn Murdoch sieht man die Grenzen oder auch daran, wie die Bild vergeblich versucht hat, den Ex-Doktor der vielen Vornamen vergeblich zu halten und zum neuen König hochzuschreiben. Ja, vieles bleibt im Dunkeln, und ja, nicht vieles wird wirklich gründlich zu Ende geschrieben. Und noch mal ja: Ohne das Netz hätte es beispielsweise all diese Plagiatsenttarnungen nicht gegeben und anderes. Ein großer Teil der Zunft aber macht eine ehrliche und oft auch engagierte Arbeit unter nicht immer idealen Bedingungen.
Daß im Ergebnis oft ein Einheitsbrei herauskommt, liegt m.E. schlicht daran, daß die Medienökonomie eine Ökonomie ist. Die Presse (oder TV und alle anderen) müssen Geld verdienen, und damit sind die Nachrichten und vor allem Geschichten vorne, die viele interessieren, was nun mal nicht dasselbe ist wie "wichtig".
Bei aller Verschwendung und Verquickung bin ich deshalb froh, daß wir die öffentlich-rechtlichen haben und nicht Herrn Berlusconi. Denn wie eine wirklich gesteuerte Presse in einer Protodemokratie aussieht, kann man in Rußland oder Italien beobachten.
Ich glaube auch nicht an die Überlegenheit der Blogosphäre. Klar, da gibt es gute und sehr informierte Leute.
Aber: erstens sind sie in aller Regel alleine, und schon die Selektion bei Wahrnehmung und Verarbeitung von Informationen sorgt dafür, daß Objektivität hier unmöglich ist, vom fehlenden Austausch und Kontrolle mal abgesehen. Außerdem braucht Journalismus Vernetzung, was bei einer Redaktion insgesamt besser funktioniert. Last not least ist das ein Vollzeitjob, und bei einer Zeitung sind die möglichen Interessenskonflikte sofort erkennbar, auch wenn nicht jede so dreist ist wie die Chip oder Bild. Bei Bloggern bleibt dagegen gern ein wenig im Dunklen, wie sie sich eigentlich finanzieren, und alleine das ist ein Grund zur Skepsis. Was nichts daran ändert, daß es gute Leute gibt, aber die gibt's in den Medien 1.0 eben auch.
Und erst recht glaube ich nicht an die einfache Erklärung komplexer Zusammenhänge durch Zahlenmaterial. Abgesehen von den üblichen Unschärfen und Pfuschmöglichkeiten, die Statistik nun mal so bietet: "For each complex problem there is a solution which is
-obvious
-simple
-and wrong."
Weder ein klassisches noch ein neues Medium KANN im Moment objektiv und umfassend erklären, was da gerade in der Finanzwelt passiert, weil es keiner weiß.
70 Jahre intensive Forschung von wirklich vielen, wirklich klugen Köpfen haben zum Beispiel den alten Streit zwischen Keynsianern und (Neo)Liberalen auch nur entschärfen können. Ich gelange immer mehr zu der Überzeugung, daß Ökonomie auf diesem Niveau direkt benachbart ist zur Philosophie und Religion. Nur blöd, daß ich mir zwar die Kirchensteuer schenken konnte, bei den anderen Steuern aber keine echte Wahl habe ... mir wäre wohler, es gäbe da Wahrheiten.
Es bleibt, so fürchte ich, weiterhin nichts anderes übrig als möglichst viele Quellen/Medien/Produkte zu prüfen, sich dann mehrere davon herauszuchen und sich immer, immer wieder ein eigenes Bild zu machen. Dazu gehört dann leider auch, Quellen zu lesen, die einem das Messer in der Tasche aufgehen lassen. Auch in der Wolle gefärbte Liberalenhasser also kommen nicht umhin, die FTD zumindest in Auszügen zu konsumieren ...
(Und außerdem weiter wählen zu gehen, auch wenn diese Kaste tatsächlich zu einem nennenswerten Teil aus Telephondesinfizierern besteht und auf die B-Arche gehört. Aber das ist schon wieder ein anderes Kapitel.)
Gruß
Quichote