Begrifflichkeiten: Wann wurden PC-Anwendungen zu „Apps“?

mtu

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Früher™ nannten wir das, was auf einem Heim-PC ausgeführt werden konnte, „Programme“ (Englisch: "programs") oder „Anwendungen“ (Englisch: "applications").

Dann kamen Smartphones auf, und die Anwendungen auf Smartphones wurden „Apps“ (wie Englisch: "apps") genannt.

Und dann, irgendwann in den späten 2010er-Jahren(?) wurden plötzlich auch Anwendungen auf Heim-PCs „Apps“ genannt – und zwar sowohl die kleinen, weitgehend in sich abgeschlossenen wie Calc oder Notepad, als auch (später?) die großen wie Office oder Photoshop. Die Begriffe „Programm“ oder „Anwendung“ sind schon weitgehend aus Windows verschwunden, manchmal wird noch allgemeiner „Software“ gebraucht.

Woher kam das? Hat das seinen Ursprung in der missglückten „Fusion“ von mobilem und Desktop-OS mit Windows 8? Hat das im allgemeinen Sprachgebrauch angefangen, und wurde dann in Windows übernommen – oder umgekehrt? Hat dieser Sprachwandel auch in MacOS stattgefunden? Trifft meine Beobachtung zu, dass sich der Begriffswandel unter Linux viel langsamer vollzieht?

(Bitte nach Möglichkeit keine fruchtlosen „So und nicht anders ist es richtig!“-Diskussionen: Sprache wandelt sich, und der Wandel ist nicht aufzuhalten. Mich interessiert vor allem, wie und warum der Wandel stattgefunden hat.)
 
Die Beobachtung, dass der Begriff "Apps" in den späten 2010er-Jahren auch im Kontext von Heim-PCs gebräuchlicher wurde, ist durchaus zutreffend. Diese Entwicklung kann auf verschiedene Faktoren zurückgeführt werden.

Zunächst spielte die Popularisierung von Smartphones eine wesentliche Rolle. Als Smartphones um 2007 herum massentauglich wurden, etablierte sich der Begriff "App" (kurz für "Application") schnell als Bezeichnung für die mobilen Anwendungen. Diese Kurzform war eingängig und wurde rasch Teil des allgemeinen Sprachgebrauchs.

Mit der Zeit begannen Betriebssysteme wie Windows 8 und MacOS, die Grenzen zwischen mobilen und Desktop-Betriebssystemen zu verwischen. Insbesondere Windows 8, mit seinem Fokus auf eine touchfreundliche Oberfläche und einem eigenen App Store, trug dazu bei, dass der Begriff "App" auch im Desktop-Bereich Einzug hielt. Dieser Ansatz wurde zwar teilweise kritisiert, zeigte aber die Absicht, eine kohärente Benutzererfahrung über verschiedene Gerätetypen hinweg zu schaffen.

In Bezug auf MacOS ist festzustellen, dass Apple den Begriff "App" schon früh auch für Desktop-Anwendungen verwendete, was vermutlich auch auf die starke Präsenz von iOS und der damit einhergehenden Vertrautheit der Nutzer mit dem Begriff zurückzuführen ist.

Unter Linux ist der Begriffswandel tatsächlich langsamer vorangeschritten. Linux-Systeme sind häufig in technisch versierteren Kreisen beliebt, wo traditionellere Begriffe wie "Programme" oder "Anwendungen" noch stärker verwurzelt sind. Zudem ist die Linux-Welt sehr vielfältig und weniger zentralisiert, was Veränderungen im Sprachgebrauch tendenziell verlangsamt.

Insgesamt lässt sich sagen, dass dieser Sprachwandel teilweise durch technologische Entwicklungen und die Verschmelzung von mobilen und Desktop-Betriebssystemen bedingt war. Gleichzeitig spiegelt er auch eine allgemeine Tendenz wider, bei der Sprache sich an neue Realitäten anpasst und vereinfacht.
 
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Im sogenannten userland oder userspace ist das eher fluide und multifaktoriell. Da nämlich die meiste Software von den Paketmanagern aus Repositorien kommt ist auch allgemeinssprachlich oft von packages oder zu dt. Paketen die Rede. Auch andere Repos wie Snaps und Flatpaks weisen bei der Namensgebung eher zur Programmquelle hin als zur Sache selbst. Wo ein Tool aufhört ein Tool zu sein und ein (schwergewichtiges) Programm wird, steht wiederum auch auf einem anderen Blatt
 
Im sogenannten userland oder userspace ist das eher fluide und multifaktoriell. Da nämlich die meiste Software von den Paketmanagern aus Repositorien kommt ist auch allgemeinssprachlich oft von packages oder zu dt. Paketen die Rede. Auch andere Repos wie Snaps und Flatpaks weisen bei der Namensgebung eher zur Programmquelle hin als zur Sache selbst. Wo ein Tool aufhört ein Tool zu sein und ein (schwergewichtiges) Programm wird, steht wiederum auch auf einem anderen Blatt
Stimmt, Pakete und Snaps und Flatpaks sind Besonderheiten von Linux, die es woanders nahezu nie (oder nur in Spezialfällen) gibt. Alles Gründe, warum „Apps“ unter Linux viel weniger gebräuchlich ist.
 
Der Begriff Apps wurde auf jeden Fall von App(le) gemünzt..ich erinner mich noch als sie wie eine Epidemie über die Normalos hereinbrach, die alles installierten was auch nur ein Hauch von Mehrwert brachte nur um zu merken dass ein Smartphone schneller dadurch aufblähte als die Wasser-trinken-Erinnerunges-App einen daran erinnern konnte rechtzeitig wieder ein glas Wasser zu trinken...das Ganze hat überhaupt auch der ungezähmten Datensammelei, die durch die AppFlut angestoßen wurde, Rückenwind gegeben! Seitdem ist das Wort App in aller Munde..
 
Zuletzt bearbeitet:
Schön sowas zu analysieren woher das kommt. Werde mich dem nie ergeben oder es nervt mich enorm wie ein für mich über gezielte komerzielle Interessen gesteuerte Wortgebräuchlichkeit ihren lauf genommen hat. Der anfängliche Anschein ach wie Hip zu sein in Verbindung mit der Etablierung von Smartphones (App Store etc.), drückte es für mich in die Masse.

Bei den Smartphones hatte es mit der verkürzten Form von Applications auch einen nachvollziehbaren Sinn, da für mich Smartphone-Anwendung nie einen vollwertigen Ersatz für komplexe und intensiv zu bediende Arbeitsprogramme haben werden. 75% Daddelkram.

Ein erkennbaren Verlust an "Gegenwehr" hab ich dann mit der Neubennenung voll Implementierter Begriffe wie dem Windows Programm Manager festellen müßen wodurch eine Unterscheidung/Kategorisierung zwischen Apps, Programmen, Anwendungen oder Applications quasie sinnfrei wurde.
 
Stimmt, Pakete und Snaps und Flatpaks sind Besonderheiten von Linux, die es woanders nahezu nie (oder nur in Spezialfällen) gibt.
Auf traditionelle Pakete einer Paketverwaltung, also kleine Programmpakete die dynamisch gelinkte Programme enthalten, und mehr oder weniger viele dazugehörige Bibliothekspakete für den Betrieb benötigen, welche sie aber mit anderen Programmen teilen, trifft das zu.
Snaps, Flatpaks und Appimages sind aber genau das Gegenteil davon. Sie bringen die bei Windows und Mac übliche Praxis, ein Programm entweder als statisch gelinkten Blob, oder mit einer Kopie aller seiner Abhängigkeiten in einem großen Sack zu liefern zu Linux.
Das fällt dir unter Windows nur nicht auf, weil es unter Windows der Standard ist und es daher dafür keinen Begriff braucht.

Beide Ansätze haben ihre Vor- und Nachteile.
Kleine dynamische Programmpakete mit zentralen Bibliotheken benötigen weniger Speicherplatz und sind tendenziell sicherer, weil Bugs nur an jeweils einer Stelle gefixt werden müssen und dann alle Programme die auf eine gefixte Bibliothek zugreifen automatisch gefixt sind.
Andererseits ist dieser Wust an Paketen ohne Paketverwaltung praktisch nicht zu handhaben. Versucht man es doch, weil man z.B. etwas tun möchte, das die Paketverwaltung nicht vorsieht, dann landet man schnell in der Abhängigkeitshölle.

Diese Abhängigkeitshölle gibt es mit großen monolithischen Programmpaketen nicht. (Windows' ehemals berüchtigte DLL-Hölle war Resultat des Versuchs kleinteilige Abhängigkeiten ohne funktionierende Paketverwaltung zu managen.) Solche Pakete sind in ihrer Gesamtheit für den Nutzer einfacher zu überschauen, denn es gibt für Programm A nur ein Paket A und fertig - kein Paket a, das zum Betrieb außerdem noch lib1 bis libN benötigt.
Dass es keine geteilten Bibliotheken (Shared Libraries) gibt, ist aber auch ein Nachteil. Programm B kann nicht einfach auf die bereits durch A vorhandene Bibliothek lib1 zurückgreifen, sondern muss bei Bedarf seine eigene Kopie mitbringen. Das kostet einerseits Speicherplatz und führt andererseits zu potenziellen Sicherheitslücken, denn wenn es einen Bug in lib1 gibt, der gefixt wird, dann müssen sowohl A als auch B ihre Kopie davon getrennt austauschen. Macht es nur einer von beiden (bzw. allen: C, D, E ...) nicht, dann bleibt das System verwundbar.
 
Es war aber auch schon früher (bin in den 69/70 von H/W auf S/W im Service umgestiegen) üblich, daß im IT Bereich - jetzt speziell Systemprogrammierung, Rechenzentrum - zwischen (System-)Programmen und (Anwender)Anwendungs-Programmen unterschieden wurde. Auch damals in US-Englisch als "Fach-Dialekt". Eine Application war immer das von/für Enduser entwickelte Programm, die Systemsoftware inkl. Compiler, "Driver" (accessmethod), Subsysteme wie TSO, CICS ,IMS ,DB2-S/W war nie eine Application. Aus meiner Smartphone-Muffel-Sicht hat sich das nicht geändert. Eine App ist i.d.R. etwas für Dummies, die dann nur noch Bildchen und Smileys drücken. Ein Programm ist irgendwo Systemtechnik, wo der DAU die Finger weglassen sollte. Egal ob am Coding-Ende .EXE, .DLL oder sonstwas hängt.

Noch ein paar Smileys, :) :) :) und dann könnt ihr mich steinigen......................... Gruß Peter (IT-Gruftie)
 
Subsysteme wie TSO, CICS ,IMS ,DB2-S/W war nie eine Application.

Das stimmt, je weiter man vom User weg in Richtung System und Hardware schaut, desto eher heißt die Software anders: Treiber, Service, Daemon, Kernel, … da hat die „App-isierung“ noch nicht zugeschlagen – aber wer weiß! ;)
 
Finde ich schon etwas komisch, sich daran aufzuhängen.

Es ist letzten Endes nur eine Abkürzung für Application. Was daran jetzt schlimm sein soll sehe ich nicht.

Und die klare Trennung, die es früher in Desktop-Programme und mobile Apps gab, gibt es heute schon lange nicht mehr, außer vielleicht im Legacy Bereich. Von daher: Es sind nun mal eben Apps, ob man es mag oder nicht.
 
Es war ja nur eine einfache Frage des Themenstarters. Ich habe mich auch erst an "Apps" gewöhnen müssen. War aber nicht sooooo schwierig, weil - wie geschrieben - alles was der Enduser bediente, waren immer schon Applications. Außerdem geht App auch kürzer als Programm - zum Schreiben und Lesen.

Als Scherz dazu und Abschluß: als Unfallzeuge hat mal ein Polizist meine Daten aufgenommen. Bei meiner Berufsbezeichnung fragte er nach "aber Sie kriegen doch Rente ??" --- "Ja" ---- "Dann schreibe ich Rentner hin, das ist kürzer." ......... habe nur noch genickt, der Polizist war einer der netten und freundlichen Sorte, was soll's also. Auf dem gleichen Wege ist vermutlich aus dem Anwendungsprogramm --> Application --> App geworden.
 
Ich für meinen Teil bin von Neugier getrieben, nicht von Ärger :)
War jetzt auch nicht auf dich bezogen, sondern eher auf den mit der "Verweigerungshaltung"

Mir persönlich wäre das niemals so viel Zeit und Mühe wert sich da aktiv zu verweigern 😅
 
Mir war mal so, dass wenigstens eine Zeitlang unter Windows "Apps" diejenigen Programme waren, die man aus dem Store bezogen hat. Was man herunterladen und mit dem Installer auf den PC bringen konnte, hieß "Programm" oder "Anwendung" oder was auch immer. Und es gab/gibt da wohl auch technische Unterschiede. Was ich nicht weiter ergründet hatte, weil es nicht meine Profession ist. Aber vielleicht findet sich hier ja jemand, der das ein bisschen verständlich erläutern kann?
 
Mir war mal so, dass wenigstens eine Zeitlang unter Windows "Apps" diejenigen Programme waren, die man aus dem Store bezogen hat. Was man herunterladen und mit dem Installer auf den PC bringen konnte, hieß "Programm" oder "Anwendung" oder was auch immer. Und es gab/gibt da wohl auch technische Unterschiede. Was ich nicht weiter ergründet hatte, weil es nicht meine Profession ist. Aber vielleicht findet sich hier ja jemand, der das ein bisschen verständlich erläutern kann?

Das steht recht ausführlich in dem Artikel, den @StefanW. verlinkt hat: https://blogs.tu-berlin.de/datensch...rogrammen-browser-erweiterungen-und-web-apps/
 
Danke für den Hinweis. Ja, dass Windows für "Apps" ein granulares Rechtemanagement anwendet, war einer der Punkte. Ich meine allerdings, dass es da noch weitere gab. War da nicht auch noch ein anderes Speichermanagement dabei?
 
Ich gebe noch zu bedenken, dass Software, die früher nur für die eine oder andere Plattform gedacht war, mittlerweile für beide Plattformen verfügbar ist. WhatsApp war früher eine Smartphone-App (deswegen heißt es ja auch so, schenkelklopf...). Jetzt gibt es das auch für den PC - warum soll es da keine App mehr sein? Umgekehrt gibt es Firefox oder Skype (früher ein reines PC-Produkt, also eine "Anwendung") mittlerweile auch fürs Smartphone und dort installiert man natürlich die "Firefox-App" bzw. die "Skype-App".
Ich tu mir mit der Bezeichnung bzw. der Gleichsetzung Programme = Apps auch irgendwo schwer. Eine App ist für mich was kleines, handliches, abgeschlossenes, was einen enger umrissenenen Zweck erfüllt - Taschenrechner, Bahnauskunft, Diktiergerät, Webradio. Und eine Anwendung ist ein "mächtiges Schlachtschiff" mit tausend Funktionen - Photoshop, Powerpoint und so weiter. Bei einer "Powerpoint-App" denke ich an eine abgespeckte Version für den mobilen Einsatz.
 
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