A different shade of blue: Wusstest ihr, dass...?

Was für ein Glück, daß ich inzwischen in einem papierlosen Büro arbeite! ;)
 
Auf der Toilette auch? Der Erfolg liegt klar auf der Hand.
 
Umdenken
Eine Anfrage an vier Unternehmen, darunter auch IBM, weckte IBMs Interesse an Pen Computern. Wieder setzte sich eine Maschinerie in Gang. Basierend auf den Entwicklungsarbeiten des L40SX wurde eine entsprechende Organisationsstruktur geschaffen, eine Marktanalyse durchgeführt. Eine begrenzte Anzahl an Kunden wurde in den Entscheidungsfindungsprozess eingebunden, um die Anforderungen an den neuen Computer zu validieren. Ständige Reviews sorgten dafür, dass Etat eingehalten und Kundenanforderungen erfüllt wurden.
Das erste Pen-gesteuerte Tablet war ausgetattet mit einem Pen, Digitizer, Betriebssystem, Industriedesign und Magnesiumgehäuse. Das Betriebssystem PenPoint stammt von der Firma GO , gegründet von Mitch Kapor, der auch Lotus gründete. Diese Firma hatte schon 1989 einen Prototypen eines Pencomputers entwickelt, der die Basis für den von IBM bildete. Microsoft sah erstmal keine Konkurrenz in diesem Projekt.

Während in den 80er Jahren die Entwicklung der Portables in einer mehr oder weniger isolierten Zelle stattfand, sind jetzt auch andere Bereiche eingebunden.
Man plante sogar, die Entwicklung der Notebooks komplett nach Japan zu verlagern, während die Planung weiterhin in den USA erfolgen soll. Japan, weil dort die Entwicklungszeit kürzer war als in Boca Raton, der bisherigen Entwicklungsstätte.

Folgende Argumente sprachen für die Verlegung:
* Yamato Labs war sehr erfolgreich bei der Entwicklung der PS/55 Modelle http://thinkwiki.de/PS_55_Note
* Zahlreiche Komponenten, wie z.B. Displays werden in Japan hergestellt – es gäbe also kurze Wege für die Entwickler zum Hersteller
Umgesetzt wurde dieses Vorhaben aber nie.

IBM investierte über 10 Mio USD in die GO Corporation, um an deren Betriebssystem PenPoint zu partizipieren. IBM portierte PenPoint, welches für RISC-CPUs von AT&T entwickelt wurde, auf die Intel – Architektur. Anstoß für IBM: die Versicherung State Farm, einer der großen Kunden, die ein Tablet nur von IBM wollten

Im April 1992 wurde das Produkt unter dem Namen "IBM ThinkPad" von der Firma GO Corporation der Presse vorgestellt. IBM selbst stellte diesen Rechner als "IBM 2521 ThinkPad" vor. http://thinkwiki.de/700 (700T)

Auf Grund personeller Änderungen in mehreren Schlüsselpositionen des Entwicklerteams dauerte es bis Oktober, bis das ThinkPad verfügbar war. Durch diese Verzögerung war IBMs Tablet Computer wieder einmal veraltet, bevor es auf den Markt kam. Wettbewerber boten inzwischen Rechner mit 386SL CPU und PCMCIA-Steckplätzen an, während das Thinkpad noch eine 386SX CPU und keine PCMCIA-Steckplätze besaß.
Dennoch führte ein erster Feldversuch auf einer Ausgrabungsstätte im Nil-Delta Ägyptens / Cal Tech zu einem sehr positiven Feedback, auch in der Fachpresse (04/1992)

Letztendlich war die Pen-Investiotion nicht signifikant in den Profiten enthalten und auch die Nachfolgeprodukte waren nicht sehr erfolgreich (710T, 730T und 750P). Aber es setzte den Fokus auf neue Benutzerschnittstellen (Pen und Voice) und Formfaktoren (Handhelds).

Am wichtigsten war, dass der Name "ThinkPad" etabliert wurde und das der Fokus der User auf die zu leistende Arbeit mit der Technologie und nicht mehr die Technologie selbst war.

Zur Entstehung des Namens „ThinkPad“ gibt es in diesem Zusammenhang mehrere Varianten.
Eine war, dass John Akers, der IBM Chairmann feststellen musste, dass er keine Ahnung hatte, was hinter den Nummern der IBM-Modelle stand. Aus diesem Grund sollte für den neuen Tablet-Computer ein Name gefunden werden. Bei einem Meeting zur Namensgebung warf Denny Wainright sein schwarzes Notizbuch mit der Aufschrift „THINK“ in einem hohen Bogen auf den Tisch, auf dem es mit einem lauten Knall landete.
Alle waren erstaunt und einer meinte: „..das ist ein think-pad – ein kleines Tablet. Es ist der perfekte Name: Wir nennen es „ThinkPad“.
Zur Namensfindung wurden auch die Kunden befragt, welche durch die Bank begeistert von dem Namen waren. Das machte es leichter, den neuen Namen vor dem Management zu vertreten

Im Februar 1992 wurde nach Eintragung der Marke endgültig festgelegt, dass alle portablen PC-Produkte den Namen „ThinkPad“ zu erhalten haben.


(Danke an Puntohgt2008 für seine Mitwirkung an diesem Abschnitt)


Fortsetzung folgt...
 
Es wird ernst
1992 war der Markt für mobile Computer ein großes Geschäft.
Laut IDC (International Data Corporation) setzte die US-Industrie in diesem Jahr 2 Mio. portable Computer in einem Volumen von $4 Mrd. ab. Für 1996 wurde nur für den US-Markt eine Verdopplung auf 4 Mio. Rechner ($8 Mrd) und für 1999 eine Vervierfachung (8 Mio Rechner, $15 Mrd) prognostiziert.

Nach der Ankündigung des L40SX war klar geworden, dass der A4-Formfaktor für die ThinkPad Notebooks das Maß aller Dinge darstellen soll. Kleinere Rechner sollten dann A5- oder A6-Format besitzen.

Der Grund für dieses A4-Format lag klar auf der Hand: Es ist gleichzeitig das Format der Innenräume von Aktentaschen, in die Papiere im A4- oder US-Letter-Format hinein passten.

Die Entwicklungsvorgaben waren für die nächste Zeit:
* A4-Format
* kleinformatigere Festplatten
* bessere Flachbildschirme auf TFT-Basis

Das „Boca-Team“ (Planungsteam in Boca Raton, Florida) stellte neben diesen weitere Anforderungen:
* mehrere Stunden Akkulaufzeit
* großes Farbdisplay
* geringes Gewicht

Das Yamato Labs-Team in Japan hielt es für nicht durchführbar. Nicht, dass es überhaupt nicht realisierbar wäre, aber nach Ansicht der Japaner halt nicht alles an einem Rechner.
Während das Boca – Team schon fortschrittliche Gedankenansätze ins Gespräch brachte, war man in Japan noch ganz auf die alte „Big Blue“ - Mentalität eingefahren.

Ein Konzept-Video über die Einsatzmöglichkeiten, Mobilität und Speichermöglichkeiten leitete bei einem Meeting 1991 den Durchbruch ein (zur Erinnerung: Das L40SX war gerade im Handel).
Der in den USA aufgewachsene Japaner Watabe-san aus dem Boca-Team konnte dem Yamato-Team vermitteln, dass man sich mit der Entwicklung an Kundenwünschen orientierte. Damit war der Bann gebrochen. Endlich saß man zusammen und beriet, was man wie umsetzen könne, um den Wünschen der Kunden zu entsprechen.

Als erstes einigte man sich auf ein 10,4“ TFT. IBM hatte kurz zuvor in ein Joint-Venture mit Toshiba bezüglich der Beschaffung eines Aktiv-Matrix TFTs investiert und gerade 20.000 Stück für das CL57SX bestellt.

Yamato Labs beschloss, ein 10,4“ Farbdisplay im nächsten Produkt zu verbauen, auch wenn das Gehäusedesign noch nicht feststand. Ab August 1991 arbeitete das japanische Team drei Monate lang das Design des künftigen ThinkPad 700C aus. Die Planung beinhaltete das Beste zu jener Zeit mögliche in einem Rechner mit Notebook-Formfaktor. Das Boca-Team war von den Entwürfen begeistert. Was noch vor einigen Monaten niemand für realisierbar hielt, nahm jetzt konkrete Formen an. Es war der Anfang einer kraftvollen Partnerschaft – Yamato Labs in der Entwicklung, Boca Raton in der Planung.


Display-Problematik
Nachdem das Yamato-Team begriffen hatte, dass in jedem Land andere Anforderungen an portable Computer gestellt werden, als in Japan, wurde die Entwicklungsarbeit deutlich effektiver.

!991 besaß Toshiba zwar Erfahrungen im Bau von TFT-Displays, aber nicht mit Active Matrix Farb-TFTs. Da IBM selbst Farb-TFTs für Desktop Computer entwickelte, beschloss man ein neues Joint-Venture mit Toshiba einzugehen, um ein 9,5“ Farb TFT-Display für Notebooks zu entwickeln.

Später wurde für das nächste Thinkpad-Modell jedoch ein 10,4“ Color TFT-Display gefordert, zumal Yamato-Labs im Entwurf des neuen Thinkpads von vornherein ein 10,4“ Display vorgesehen hatte.

Das Problem war aber nicht das Displaypanel selbst, sondern die aufwändige Steuerelektronik, die ebenfalls im Gehäuse Platz finden musste. Nach einigen Meetings des Boca-Teams mit dem Team in Japan fand man einen Weg, die Elektronik hinter dem Panel unterzubringen.

Als die neue Toshiba Display-Fabrik fertig gestellt war, kam man in eine kritische Phase: Ursprünglich war man von 8,1“ Bildschirmen ausgegangen, was 1991 noch das beste Format für die Industrie war. Man wusste, dass das 9,1“ oder 9,2“ für die nächste Generation vorgesehen war. IBM hatte aber andere Pläne, nachdem man ein 10,4“ Display erfolgreich in einem L40SX getestet hatte, das aber ungleich größer als das geplante neue Notebook war.

In einem Treffen mit Toshiba wurde beschlossen, das 10,4“ Display zu produzieren. Damit diese parallel zu den Rechnern produziert werden konnten, stellte man die Display-Produktion um:
Statt bisher nur einem Display wurden vier nebeneinander in der Linie produziert. Toshiba war aber weitsichtig genug, nur die Hälfte seiner Produktionsanlagen auf 10,4“ Displayproduktion umzustellen. Die andere Hälfte blieb beim 9,5“ - Format. IBM beanspruchte den gesamten Ausstoß an 10,4“ Bildschirmen für sich im Zeitraum von 18 Monaten.

Ab Ende 1992 sollten 200-300.000 Panels im ersten Produktionsjahr hergestellt werden. Einer der für das Marketing Verantwortlichen wollte das ehrgeizige 10,4“ Bildschirm-Projekt stoppen. Die schlechten Verkaufszahlen des zwölf Pfund schweren Cl57SX, das eben solch ein Display besaß, ließ zweifel am Erfolg dieses Bildschirmformats aufkommen. Toshiba schlug vor, die 9,5“ Produktionslinie ebenfalls für das neue Thinkpad zu verwenden.



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Design
Richard Sapper war seit 1980 IBMs Corporate Design-Berater. Als Industrie-Designer entwarf er das Design des Thinkpads. Nachdem man bei IBM erkannte, dass mobile Rechner eine Image-trächtige Produktlinie darstellen, wurde ein Treffen in Sappers Mailänder Designstudio arrangiert. Dort stellte Sapper seine schwarze „Luchbox“ vor, die ihren Inhalt erst nach dem Öffnen offenbarte. Einziges äußere Kennzeichen sollte das farbige IBM-Logo sein.

Nach Installation eines Videokonferenz-Systems an verschiedenen IBM-Standorten und in Sappers Studio in Mailand begann ein enger täglich 24-Stunden dauernder Designentwicklungsprozess zwischen Sappers Studio, den Yamato Labs und Boca Raton.

„Das Thinkpad – Design wurde schlicht, zurückhaltend und elegant mit einem Überraschungseffekt“ (- so steht es im Buch).

Bereits in den 1970er Jahren wurden in Deutschland Standards zur Farbgebung an Schreib- und Computerarbeitsplätzen festgelegt und von anderen europäischen Ländern einschließlich Skandinavien übernommen. Mit dieser hellen Farbgebung wollte IBM jetzt brechen und schwarze Notebooks bauen. Es kam die Überlegung auf, für Deutschland und einige andere europäische Märkte die Thinkpads in heller Farbe zu bauen. Auf Grund des Kostendrucks lehnte IBM Deutschland dieses Vorhaben ab und so beabsichtigte man, die Notebooks für den deutschen Markt mit „Dieses Produkt ist nicht für den Büroeinsatz geeignet“ zu kennzeichnen.

Auch IBM-intern gab es Vorbehalte gegen die Farbe „schwarz“. Diese Farbe war für den Computerbereich sehr radikal obwohl schon in den 1960er Jahren der IBM Mainframe 360 komplett schwarz war. Die PCs waren cremefarben, damit sie sich unauffällig in das Bild von Büros einfügten. Die Designer wollten jedoch mit dem Thinkpad einen Contrapunkt setzen, der Aufmerksamkeit auf sich zog. Schwierig gestaltete sich hierbei die Suche nach dem passenden Farbstoff, damit alle Baugruppen die gleiche Farbschattierung aufwiesen. Man musste außerdem die Baugruppen aus schwarzen Materialien erzeugen, da schwarze Lackfarbe abblättern kann.

Ein weiteres Problem stellte die Festplatte dar. Im 3,5“ Format war sie einfach zu groß für ein Notebook – also wurde noch ein 2,5“ Festplattenlaufwerk entwickelt. Die erste 2,5“ HDD besaß 120MB Speicherkapazität.

Nachdem die verhältnismäßig kleinen Probleme gelöst waren (neues Design, Farbgebung, größere Bildschirme und kleinere Festplattengehäuse), wandte man sich dem größten Problem zu, das keine Kompromisse erlaubte: der Tastatur.

IBM war seinerzeit für die besten Tastaturen in der Industrie bekannt. So hatte die Chiclet-Tastatur des PC Junior zu keiner Zeit eine Chance, für das Thinkpad in Betracht gezogen zu werden, da man bei IBM mit dieser Tastatur nie zufrieden war.
(Anmerkung Mornsgrans: Daher wurde das L40SX so groß - siehe weiter vorne im Thread)




wird fortgesetzt...
 
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Es wird rot
In den späten 1980er Jahren stellte der Ergonomiker Dr. Ted Selker Überlegungen an, die Maus – ein in der Desktop-PC–Welt akzeptiertes Eingabegerät - zu verbessern.
Ihm ging es auch darum, eine für Notebookanwender akzeptable Lösung zu finden.

So entwickelte man einen Joystick – ähnlichen kleinen Stab, der in eine Desktop - Tastatur eingebaut werden konnte. Yamato-Labs baute dieses Teil in einen portablen Rechner ein, nachdem es auch von Sapper abgesegnet worden war. So gab der TrackPoint der Projektplanung einen Anschub.

Die Vorschläge der Namensgebung lauteten Pogo-Stick und Whiskers - in deutsch: Schnurrhaare (einer Katze) - als Gegenstück zu „Mouse“. Da jedoch zuwenig Zeit zur Verfügung stand, um die Namen weltweit auf Verwendbarkeit zu prüfen, entschied man sich kurzentschlossen für „TrackPoint“.

Man testete den TrackPoint erfolgreich in einem L40SX Prototypen, konnte aber nicht mehr in dieser Modellreihe in Serie gehen. Auf der Suche nach einem guten Einbauort fand man zusammen mit Dr. Selker letztendlich eine Stelle zwischen den Tasten "G" und "H". Herausragend war, dass man den Cursor schneller als mit der Maus steuern konnte.

Nach einigen Diskussionen einigte man sich darauf, den TrackPoint in der künftigen ThinkPad-Line zu verbauen. Sapper wollte den TrackPoint zu einem Blickfang machen. Wie beim Öffnen einer Überraschungskiste soll der Anwender nach Öffnen des Deckels auf einen roten TrackPoint blicken, der sich vom Schwarz der Tastatur abheben sollte. Bis zu diesem Zeitpunkt war jedoch dessen Prototyp blau, angelehnt an „The Big Blue“.
Die IBM – Führung lehnte jedoch die Farbe Rot ab, da diese Signalfarbe den „Not-Aus“-Schaltern vorbehalten war. Daher beauftragte Sapper die Yamato-Labs, einen magentafarbenen TrackPoint zu verwenden. Heraus kam ein fast roter Farbton (auch darauf zurückzuführen, dass nur wenige die Farbe Magenta kannten).

Am Ende hatte man alles zusammen, was man für das neue ThinkPad haben wollte:
* 10,4" Farbbdisplay
* Tastatur mit TrackPoint
* 2,5" Festplatte
* innovatives schwarzes Industriedesign

Das Ganze zusammengebaut ergab das ThinkPad 700C

Bei IBM war man sich im Klaren darüber, dass ein Notebook mit diesen Komponenten alle Markterwartungen übertreffen würde. Diesem Konzept kam der aktuelle Entwicklungsstand von Microsoft Windows zugute, das sich zur gleichen Zeit zu einem brauchbaren Betriebssystem entwickelt hatte (Anmerkung Mornsgrans: mit Windows for Workgroups 3.11) und nur mit einer Maus vernünftig bedient werden konnte. Die Verwendung einer Maus erwies sich auf portablen System bei eingeschränkten Platzverhältnissen (z.B. in Flugzeugen) als sehr schwierig - also ein klarer Pluspunkt für den TrackPoint.

Bemerkenswert an der Entwicklungsgeschichte ist die sehr erfolgreiche globale Zusammenarbeit zwischen Sapper, dem Boca- und dem Yamato-Team über drei Kulturkreise und Zeitzonen hinweg.



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Klasse! Danke für die Mühe! Die Abschnitte sind genau richtig, nicht zu lang das es langweilig wird aber auch nicht zu wenig!

Bin gespannt wie es weiter geht.
 
Inspiration aus Bayern
Nachdem der Name ThinkPad feststand, stritt man sich um die Fortführung dieser Modellreihenbezeichnung für die nächsten Modelle. Die Marketingabteilung wollte bei der alten Namenskonvention wie "PS/2 486 33", "LP100" usw. bleiben. Es dauerte einige Monate, bis der Name „ThinkPad“ endgültig feststand.
Leo Suarez aus dem Boca Entwickler-Team hatte sich einen neuen BMW gekauft. Angelehnt an die Modellreihen von BMW schlug er die 700er Modellbezeichnung für die High-End-ThinkPad-Reihe, die 500er für die Mittelklasse und 300er für die Einsteigermodelle vor. Anfangs war man von dieser Idee nicht begeistert und hätte lieber wie bei Toshiba vierstellige Modellreihenbezeichnungen verwendet. Da man aber erst noch ein Image entwickeln musste, bot sich die Anlehnung an eine Nobel-Automarke an und wurde schließlich auch so übernommen.


Kein Geld
Nachdem die Preisfindung beendet war (man wollte 15% unter dem Preis von Toshibas Spitzenmodell bleiben) musste man feststellen, `dass kein Geld für Werbung und PR -Maßnahmen zur Verfügung stand.
Ende 1992 war das Marketing-Budgt der PC-Division zugesprochen worden um neue PC-Programme weltweit zu forcieren. Das „Mobile-Team“ erfuhr davon nichts, lediglich die PC-Division war darüber informiert.
Der Leiter der Notebook-Abteilung konnte von dem der PC-Division 10Mio USD für Marketing-Maßnahmen erhalten, zumal letzterer nicht die Einführung einer neuen Produktlinie verhindern wollte.

Die Marketingmaßnahmen wurden auf Kunden aus der Industrie ausgerichtet. Die Flyer wurden bunter, als man es von denen der PC-Division gewohnt war. Vermutlich zum ersten Mal band man auch eine externe Marketing-Agentur ein und investierte binnen zweieinhalb Monaten rund sieben Mio. Dollar in die Marketingmaßnahmen.

Ein Bestandteil war eine Kampagne genannt „Good News about ThinkPad“ in der erstmals interne Informationen mit Informationen für externe Stellen verknüpft und an den Verkauf herausgegeben wurden. Diese wiederum konnten so viel besser ihre Kunden über Neuigkeiten und Neuheiten informieren.

Auch hier bildete das Beschreiten neuer Wege statt Festhalten an den Methoden der PC-Division den Grundstock des Erfolges.

Leider war die Presse an der Pressekonferenz anlässlich der Ankündigung des ThinkPad 700/700C am 05.10.1992 in New York nicht sonderlich interessiert. Hier musste in Zukunft eine härtere Taktik gewählt werden um die Industrie besser zu erreichen.


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Nach fast vier Wochen Pause geht es endlich weiter:


Kraftvoller Einstieg
IBMs Vorstellung auf der Comdex im Herbst 1992 war ein voller Erfolg. Am Ende der Messe belagerten Besucher selbst die Nachbarstände und rannten die dort Bediensteten um, um persönlich aus der Nähe einen Blick das das neue ThinkPad werfen zu können.

IBM erweckte 1992 den Eindruck, wie ein Monolith ohne Persönlichkeit und ohne Bezug oder Gefühl für den Markt dazustehen.
Aus diesem Grund beschloss man nach der Comdex, den „Mobile Computing Industry Advisory Council“ (IAC) zu gründen. Handverlesene Mitglieder aus Industrie und Presse sollten gemeinsam mit einer Auswahl von IBM-Mitarbeitern das Marktbewusstsein Akzeptanz der ThinkPad-Linie steigern, das Nachdenken steigern und das Fundament für die Umsetzung der Kundenwünsche und Marktbeeinflusser darstellen.

Um zu verhindern, dass Informationen an die Konkurrenz durchsickern, wurden diese seitens IBM für die IAC – Meetings gefiltert und andere Projektnamen verwendet, als IBM sie intern verwendete.

Die Zusammensetzung sollte alle zwei Jahre geändert werden. Zu den Mitgliedern des ca. 20-köpfigen IAC Rats gehörten u.a. Mitarbeiter der Gartner Group, PC Magazine, Dataquest oder IDC.

Bei diesen Meetings trugen Analysten und Pressevertreter ihre Gedanken und Ideen vor und IBM seine Pläne.

Der ebenfalls gegründete Customer Advisory Council (CAC) bestand unter anderem aus zwei Gruppen der Abnehmer, nämlich Außendienstler und Führungskräfte. Namhafte Firmen, wie u.a. General Motors, Procter & Gamble, Nike oder Whirlpool sandten Abordnungen zu diesen Treffen. Sie führten u.a. Feldversuche mit ThinkPads durch. Besonders positiv bewertete man den exzellenten IBM Kundendienst im Schadensfall und dass die Rechner out of the box liefen, weil alles, was man zum arbeiten benötigte, bereits installiert war.

Ab 1994 wurden die Councils weltweit ausgedehnt Das IAC bestand sechs Jahre lang und tauschte sich zweimal pro Jahr aus.



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Auswertung
Nach der Comdex 1992 erhielt das ThinkPad ein starkes Presseecho und verschiedene Auszeichnungen. Die Bestellungen schnellten in die Höhe und die Nachfrage überstieg alle Erwartungen.
Man ruhte sich jedoch nicht auf den Lorbeeren aus, sondern setzte sich zusammen, um zwei Listen zu erstellen:
Die eine Liste, die aufführte, was man gut gemacht hatte, bestand aus fünf Positionen, die andere mit den gemachten Fehlern, war ungleich länger. Das Ergebnis war positiv: Man fand hierbei heraus, dass die „Basics“ alle richtig gemacht wurden und die Fehler nicht schwerwiegend waren.

Ein größeres Problem gab es jedoch, nämlich dass es weltweit nur eine einzige Fabrik gab, die 10,4“ Notebookdisplays herstellte und diese waren exklusiv für IBM.
Die Nachfrage stieg von Quartal zu Quartal und IBM konnte, obwohl die Produktion auf Hochtouren lief, nicht schnell genug liefern. Während im Vorjahr die Kosten und Erlöse jeweils bei rund 200 Mio USD lagen, erwartete man für das aktuelle Jahr einen Umsatz von über einer Milliarde USD. In der Not beschloss man nach einem Meeting in Deutschland ein Modell mit 9,5“ Display anzubieten, um wenigstens einen Teil der Nachfrage erfüllen zu können. - Es sollte noch zwei Jahre dauern, bis man mit der Produktion alle Kunden zufriedenstellen konnte.

Trotz der angespannten Versorgungslage wurde das nächste ThinkPad-Modell angekündigt, ein weiterer Display-Hersteller war gefunden worden. Nebenbei fand ein Technologiewechsel von Microchannel auf AT-Bus statt, da ersterer zu teuer in Entwicklung und Support war.

Der nächste Schock war vorprogrammiert:
IBM brachte die Microchannel Dock auf den Markt, die ebenfalls eine reißende Nachfrage fand und IBM schon wieder auf dem falschen Fuß erwischte. Das Desaster, Kunden nicht in ausreichender Stückzahl beliefern zu können, wiederholte sich. Hinzu kam, dass Hersteller von Peripheriegeräten angesichts des Microchannels schier verzweifelten, weil zahlreiche Erweiterungen neu entwickelt werden mussten. Auch verdoppelte sich der Produktions- und Vertriebsaufwand, da Peripheriegeräte für MCA und AT-Bus bereitgehalten werden mussten.

Nachdem sich abzeichnete, dass sich der AT-Bus endgültig durchsetzte, entschloss man sich bei IBM, ebenfalls auf diese Technologie umzusteigen.

Das nächste Problem, das ins Haus stand, kam mit dem ThinkPad 720 einher: Obwohl es wie das 700 über MCA verfügte, passte die Dock des 700C nicht an das 720. Kunden, die noch auf das ThinkPad 700 warteten, änderten ihre Bestellungen auf das neu angekündigte 720 und stornierten die Bestellungen für das Zubehör.

Am Rande:
Parallel zur Entwicklung des ThinkPad 700 suchte man einen OEM für ein preiswertes Einstiegsmodell. Aufgrund früherer Geschäftsbeziehungen kam man auf Zenith zurück, das nach einigen Beratungen das ThinkPad 300 bauen sollte, IBM bestellte 100.000 Stück bei Zenith. Es wurde bei IBM bestimmt, dass alle portablen Notebooks, die NICHT in den Yamato-Labs entwickelt werden, bei Zenith zu entwickeln und bauen seien.
Aufgrund von Qualitätsproblemen in der Produktion waren alle ThinkPad 300 DOAs (Dead On Arrival). IBM kündigte daraufhin die Zusammenarbeit mit Zenith auf. Das ThinkPad 300 funktionierte nie richtig.
Hinzu kam später noch eine Akku-Rückrufaktion für die 300er. Bemerkenswert: Nicht ein negativer Artikel verlautbarte diese Probleme, nachdem IBM im Rahmen des IAC (siehe Beitrag #35) darüber berichtet hatte.


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Das Buch ist im übrigen recht günstig über Abebooks zu bekommen: http://www.abebooks.de/servlet/SearchResults?kn=Thinkpad+different+shade+of+blue&tn=Thinkpad&x=0&y=0

Wirklich interessante Geschichten dabei :thumbup:

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Prima Sonntag-Morgen-Lektüre :)

Wenn es das Buch auf Deutsch geben würde, hätte ich es auch, aber in einer Fremdsprache lesen ist mir für eine Spaß-Lektüre zu anstrengend.

Deswegen ein Hoch auf morns, der es als spannende Fortsetzungsgeschichte hier bringt.
 
Der nächste Abschnitt ist etwas ausführlicher wiedergegeben, da es sehr interessant war, was IBM seinerzeit dafür geleistet hat, die Marke "ThinkPad" bekannt zu machen, und wie man die Kundenzufriedenheit förderte.


Eine Marke zur Identifikation
In den 1990er Jahren wuchs der Mobilcomputermarkt vor Allem durch das Zusammenwachsen von Computerarbeit, Kommunikation und consumertypische Funktionen.
Einerseits zog Multimedia in die Büros ein und andererseits zog das Business-Notebook zu Hause bei den Geschäftsleuten ein. Das Notebook wurde zur personalisierten Ausstattung des Anwenders.

In dieser Phase wurde die „Marke“ wichtig. IBM erkannte diese Entwicklung und arbeitete daher eng mit Industrieberatern zusammen, um alle Trends frühzeitig zu erkennen. IBM deckte mit vier Modellplattformen die Bereiche Notebook, Subnotebook, Tablet und Handheld ab. Besonders Trackpoint, Infrarotschnittstellen, PCMCIA-Anschlüsse, universelle Dockinganschlüsse und kompromisslose Displays und Tastaturen erleichterten die Arbeit. Hinzu kam, dass fast jedes neu angekündigte Modell leichter, als das Vorgängermodell wurde und längere Akkulaufzeiten aufwies.
IBMs Kundennähe durch Veranstaltungen, Befragungen, Foren führte dazu, dass Kundenwünsche zeitnah in die Entwicklung einfließen konnten.

Die die Bekanntheit der Marke „ThinkPad“ wuchs. Man wusste sofort, dass ein schwarzes Notebook mit rotem Trackpoint und strengem Industriedesign ein ThinkPad war.

Nicht zuletzt war hierfür geschicktes Marketing der Garant für den Erfolg. Bisher bei IBM nie dagewesene Werbemotive, die Thinkpads in Flughäfen, Pubs, Bussen oder Zügen zeigte, waren Neuland aber sorgten auch für die Steigerung der Bekanntheit.

Auch Sponsoring vor den Augen eines Millionen Publikums sorgten dafür, dass die Marke „ThinkPad“ immer bekannter wurde. Der Tennisprofi Todd Martin trug bei seinen Grand-Slam Turnierkämpfen ein Tennishemd mit dem Schriftzug „ThinkPad“, bis eines Tages einer der IBM-Oberen dieser Aktion ein Ende bereitete, weil es seiner Auffassung nicht sein könnte, dass eine Marke (ThinkPad) und nicht die Firma (IBM) beworben wurde.

Außerdem erhielten alle NBA-Trainer (National Basketball Association) für ihre Arbeit ein ThinkPad. Eine Laufschrift „IBM ThinkPad – the official computer of the NBA“ an den Anzeigetafeln wurde bei entsprechende Kameraschwenks zur Spielstandanzeige immer wieder einem Millionen-Publikum in die Wohnzimmer übertragen.

Es gab auch einmal eine Werbekampagne namens „Thank You from ThinkPad“. Zum ersten mal wurden hierbei Third Party-Produkte (also Produkte anderer Hersteller) den ThinkPads beigelegt. So erhielt der Kunde zum Beispiel ein Gutscheinheft im Wert von $ 4000.-, mit denen man bei Einlösung Rabatte bei Flug-, Bahn- und Automobilreisen erhielt.

Kunden, die ihr ThinkPad registrierten, erhielten als „Dankschön“ eine personalisierte Namensplakette für ihr System.
Die Marke wurde so attraktiv, dass zeitweise im ThinkPad-Paket bis zu 40 Artikel enthalten waren. Andere Unternehmen strebten danach, Produkte aus ihrem Sortiment dem ThinkPad beizufügen. IBM zahlte hierfür keinen Cent, vielmehr bezahlten diese Unternehmen dafür, dass sie ihre Produkte den ThinkPads beilegen durften.

Der Kunde erhielt ein fix und fertig installiertes System, mit dem er nach Auspacken und Einschalten sofort loslegen konnte. Zu jener Zeit entstand auch das Setup-Poster „Read Me First“ (das auch heute noch bei jedem neuen ThinkPad im Karton zu finden ist).
Eine zusätzliche „Product Map“ erleichterte dem Kunden den Einstieg:
Ein Poster mit einem Rechteck in der Mitte, auf das das ThinkPad zu stellen war und. Dort herum war die Beschreibung der Funktionen angeordnet und diente dem Neuling als Orientierungshilfe.

Das Ganze wurde durch einen besonderen Service abgerundet. Dank einer engen Zusammenarbeit zwischen IBM und FedEx konnte der Kunde sein defektes ThinkPad überall abholen lassen. Nach erfolgter Reparatur lieferte FedEx das ThinkPad an eine vorher benannten beliebigen Adresse wieder aus. War es besonders eilig, konnte gegen Aufpreis der Schadensfall inclusive Rücksendung zum Kunden binnen 24 Stunden abgewickelt werden.

Ein weiteres Programm war das „ThinkPad Proven“. Hier wurden Erweiterungskomponenten von 3rd Party-Herstellern auf ihre Kompatibilität mit dem ThinkPad geprüft und mit einem entsprechendem Logo zertifiziert. Dies erleichterte dem Kunden die Auswahl von Zubehör für sein ThinkPad.


Edit: Einen Satz hatte ich noch vergessen:
Immerhin war inzwischen (Mitte der 1990er Jahre) das ThinkPad so begehrt, dass es in New York den zweifelhaften Ruf des am häufigsten gestohlenen Laptops besaß.



wird fortgesetzt...
 
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  • ok1.de
  • ok2.de
  • thinkstore24.de
  • Preiswerte-IT - Gebrauchte Lenovo Notebooks kaufen

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