Erfahrungsbericht: Thinkpad 390E mit Lubuntu 11.04

Myon

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Anbei mein Erfahrungsbericht zu Lubuntu 11.04 auf einem Thinkpad 390E. Zum Thema Wiki: Ist schon drin.

Gestern war ich endlich soweit, meinem Thinkpas 390E ein angemessenes Betriebssystem, sprich Linux zu verpassen. Warum ausgerechnet Linux? Naja, Win 98 läuft zwar gut, aber ins Internet kann man damit definitiv nicht. Win XP wird in ein Paar Jahren ebenfalls nicht mehr unterstützt, ist also keine langfristige Lösung. Zudem ist mein 390E leider recht schwach auf der Brust: P2 333 MHz, 192 MB RAM, 8GB CF Transcend 133x als HDD. Dafür hält der Akku noch recht lange, obwohl ich das Gerät vor über 2 Jahren bei der Bucht gekauft habe. Also Linux. Es gibt zwar viele Distris, die sich explizit auf alte Hardware spezialisieren, doch die meisten von ihnen haben eins gemeinsam: wenig Pakete, wenig Nutzer, wenig Infos im Netz. Debian wäre zwar eine gute Alternative, würde aber auch viel Handarbeit erfordern, auf die ich nun mal keine Lust hatte. Dann kam endlich die Idee, es doch mal mit Lubuntu zu versuchen. Zum einen wollte ich Lubuntu schon lange ausprobieren, zum anderen könnte ich so ohne Umwege meine Lieblingssoftware nachinstallieren, da ich ja schon seit fast 4 Jahren Ubuntu-Nutzer bin (gut, seit 11.04 bei Kubuntu, aber gehört ja zur Familie).

Also schnell mal Lubuntu 11.04 ISO runtergeladen, gebrannt und eingelegt. Bootet nicht. Neustart, diesmal aber mit den üblichen Kernel-Cheats zu acpi und apic. Wieder nichts. Nach ein bisschen googeln kam heraus, dass der grafische Installer (Ubiquity) deutlich mehr als 192MB braucht, obwohl Lubuntu selbst auch mit 128MB gut klarkommen kann. Die offizielle Lösung für solche Fälle ist es, die Installation mit Hilfe der sog. Minimal CD anzustoßen. Das ISO-Abbild ist dabei nicht mal 20MB groß, weil die meisten Pakete aus dem Internet heruntergeladen werden. Anschließend hat man das Grundsystem ohne X11 und muss die Desktop-Pakete selbst nachinstallieren, was aber hier gut beschrieben ist.

In meinem Fall verlief die gesamte Installation absolut problemlos, insbesondere die uralte 16-bit PCMCIA Netzwerkkarte wurde automatisch erkannt und schaufelte Datenpakete mit angenehmen 700KB/s. Nach ungefähr eineinhalb Stunden war Lubuntu komplett installiert und begrüßte mich mit dem aufgeräumten LXDE Desktop.

Was soll man da zu der Performance sagen? Das System ist sicher benutzbar, aber nur, solange man nicht mehr als 2-3 Anwendungen gleichzeitig offen hat. Die CPU-Auslastung ist ständig sehr hoch, selbst beim Tippen in Abiword klettert sie auf 30-40%. Der Flaschenhals ist somit definitiv der Prozessor, 333 MHz sind leider nicht sehr viel. Es wäre schon interessant zu wissen, ob das mit einem P3 500 MHz oder gar 650 MHz deutlich besser läuft, doch leider hab ich sowas nicht daheim. Die Sache mit Chromium als Standardbrowser ist zwar nett gemeint, aber richtig Surfen kann man damit nicht. Midori ist da etwas performanter, daher wurde es sofort nachinstalliert:
apt-get install midori
Was die Hardware-Erkennung anbelangt, so kann Lubuntu hier absolut überzeugen. Sowohl Grafik als auch Sound werden richtig erkannt und "out of the box" optimal konfiguriert. Lediglich bei der Lautstärkeregelung musste ich über alsamixer ein Paar Regler hochdrehen, bevor man wirklich was hören konnte. Standby und Akkuanzeige gingen vorerst nicht, auch musste man nach dem Herunterfahren den Ausschalter selber betätigen, aber nach nicht mal 10 Minuten googeln fand sich schon die Lösung: Vergesst bitte APM! 390E kann ACPI und sollte auch damit betrieben werden. Also sagen wir dem Kernel sehr deutlich, dass wir ACPI haben wollen:
Code:
sudo nano /etc/default/grub
GRUB_CMDLINE_LINUX_DEFAULT="quiet splash" -> ="quiet splash acpi=force"
sudo update-grub
Nach einem Neustart funktionierte plötzlich alles inklusive Standby und Akkuanzeige. Das Frickeln war somit keineswegs angesagt. Scrollen mit dem Trackpoint ging wie immer vorerst nicht, aber da half schon das Ubuntuusers-Wiki weiter.
Code:
 sudo nano /usr/share/X11/xorg.conf.d/20-trackpoint.conf
Code:
 Section "InputClass"
     Identifier      "Trackpoint"
     MatchProduct    "TrackPoint|DualPoint Stick"
     MatchDevicePath "/dev/input/event*"
     Option          "EmulateWheel" "true"
     Option          "EmulateWheelButton" "2"
     Option          "EmulateWheelTimeout" "200" 
     Option          "YAxisMapping" "4 5"
 EndSection
Code:
 sudo nano /etc/rc.local
Code:
echo -n 250 > /sys/devices/platform/i8042/serio1/sensitivity
echo -n 250 > /sys/devices/platform/i8042/serio1/speed
Wieder ein Neustart und schon lässt sich der Trackpoint bequem nutzen. Wegen der CF-Karte habe ich in /etc/fstab noch die Option "noatime" angefügt, was dann tatsächlich einen kleinen Geschwindigkeitsschub (zumindest bei apt-get) brachte.

Lediglich bei dem externen Bildschirm musste ich vorerst klein beigeben, da dieser von xrandr nicht erkannt wird. Man kann aber im BIOS das so einstellen, dass der interne Bildschirm immer auf den externen geklont wird, was auch one xrandr funktioniert.

Bei der PCMCIA-Netwerkkarte konnte ich folgendes interessantes Phänomen beobachten: Bootet man den Rechner mit der Karte aber ohne die Kabelpeitsche, so kann der Network Manager auch nach dem Einstecken der Kabelpeitsche keine LAN-Verbindung herstellen. Was hilft, ist, die Karte rauszunehmen und danach wieder einzustecken. Dann wird das Netz sofort ekannt.

Der eingebaute USB-Port funktioniert tadellos, getestet mit Logitech G500 und einem USB-Stick.

Softwareseitig kann man das System noch etwas optimieren, indem man den Bluetooth Dienst abschaltet. Am bequemsten geht das über Boot-Up Manager:
Code:
sudo apt-get install bum
sudo bum
Den standardmäßig mitgelieferten LXTerminal empfinde ich als zu unbequem, daher habe ich sofort guake nachinstalliert
Code:
 sudo apt-get install guake
Zum starten von Anwendungen nutze ich kupfer, funktioniert ebenso wie guake erstaunlich schnell
Code:
sudo apt-get install kupfer
Wer will, kan natürlich Medibuntu (wegen MP3 und Co) oder sogar Flash installieren. Letzteres habe ich sogar gemacht.
Code:
sudo apt-get install flashplugin-nonfree
Youtube ist freilich völlig unbrauchbar, aber Grooveshark geht halbwegs. Soll heißen, wenn man ein Lied startet und den Rechner danach gar nicht anfasst, wird das Lied zu 95% normal abgespielt.

Interessanterweise habe ich das System ursprünglich ohne eine swap-Partition installiert, da ich die CF-Karte nicht unnötig belasten wollte. Für Lubuntu war das aber offenbar kein großes Problem, laut dem LXDE-Taskmanager hatte ich sogar 80MB RAM frei.

Alles in allem bin ich mit Lubuntu sehr zufrieden. Nach lediglich ein Paar Stunden Installations- und Einrichtungszeit hat man ein komplett einsatzbereites System und das ganz ohne Basteln und Frickeln. Zudem kann man auf die umfangreichen Debian/Ubuntu Repositories zugreifen und findet im Netz jede Menge Informationen und Tipps. Man sollte freilich nicht erwarten, dass man ein 390E genauso benutzen kann, wie einen modernen Mehrkerner, d.h mit 20 Tabs im Browser, 4 geöffneten PDFs, Thunderbird im Hintergrund und dazu noch Musik von Youtube/Grooveshark. Auch als Schreibmachine ist es für mich leider vollkommen unbrauchbar: beim TeXen nutze ich Kile mit Okular und KDE4-Libraries möchte ich dem alten Thinki nun doch nicht zumuten. Trotzdem ist es nahezu erstaunlich, dass man ein Notebook aus dem Jahr 1999 dank Lubuntu auch 2011 noch halbwegs produktiv nutzen kann, ohne auf den Komfort einer Desktopumgebung verzichten zu müssen. Dass es nämlich nur mit einem Window Manager und Konsole noch schneller gehen könnte ist mir natürlich klar, aber das per Hand einzurichten wäre mir doch zu viel Aufwand gewesen.

390E_lubuntu_1.jpg 390E_lubuntu_2.jpg
 
Schöner Erfahrungsbericht. Ich neige allerdings bei den alten Schätzchen zu Puppy Linux, das läuft auch auf dem 390X (450 MHz P III Coppermine) und dem 770 ED (P II 266 MHz) sehr flott und komplett aus dem RAM (bei mehr als 128 MB). Solange man nicht zwingend auf OpenOffice, Firefox u.ä. Boliden angewiesen ist, kommt man gut klar damit. Allerdings ist für diese Systeme immer noch OS/2 Warp 4.52 erste Wahl, solange es beim Surfen und Office-Anwendungen bleibt.

Gruß
enrico65
 
Sehr schöner Erfahrungsbericht. Danke, dass Du auch gleich ans Wiki gedacht hast.

Ähnlich gute Erfahrungen habe ich mit Puppy Linux auf meinem 390E gemacht.
 
Das ist gerade das schöne an Linux, dass man eine große Auswahl hat und somit sich immer das Passendste heraussuchen kann. Puppy Linux ist zwar sehr interessant, hat aber auch veiele Besonderheiten und Eigenarten mit denen man sich wie es immer so ist beschäftigen muss. Das ist es mir lieber, wenn alle meine Systeme den gleichen Unterbau (in meinem Fall Debian) verwenden. Bei umfangreicheren Umbauten, wie z.B. vor kurzem nachgerüstetem Intranet-Postfix muss ich dann auf allen Rechnern im Wesentlichen dieselben Schritte ausführen, und nicht erstmal nachschauen, was bei welcher Distri wo ist.
 
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