Übrigens - da du dich ja darauf bezogen hattest, dass bis dato keine erhöhte Mortalität zu sehen war - seit KW 12 schlägt es mindestens in Italien + Spanien stark durch (höchste Kategorie, >7 excess in z-score), auch in anderen Ländern ist es etwas erhöht.
Zu deinen kritischen Stimmen. Kritisch in welcher Hinsicht eigentlich? Gegenüber den Maßnahmen?:
Hendrik Streeck hat sich "weit aus dem Fenster gelehnt", wie er selber sagte. Ob das z.B. auch darauf fußt, dass die Quarantänemaßnahmen o.ä. ergriffen wurden, halte ich nicht für allzu weit hergeholt. Daraus ein kritisch sein bzgl. der aktuellen Maßnahmen, ohne dass er etwas dahingehend gesagt hat, ist weit hergeholt.
Steffan Willich: Er bezieht sich durchaus positiv auf die bisherigen Maßnahmen, würde aber gerne die Maßnahmen langsam aufheben nach Ostern. Beispiel:
"Hätte man in den letzten Tage nichts unternommen, wären Engpässe möglich, vor denen Herr Drosten völlig zu Recht gewarnt hat. Aber wenn die Maßnahmen, die letzte Woche in Kraft getreten sind, konsequent weitergeführt werden, dann erwarte ich eine deutliche Verringerung der Neuerkrankungen."
Ich sehe keinen fundamentalen Widerspruch zur bisherigen Strategie in seinen Ausführungen. Ach ja, die aktuelle Case Fatility Rate ist bei 1.2%
https://experience.arcgis.com/experience/478220a4c454480e823b17327b2bf1d4 Stand 4.4.20.
Prof.
Walter Ricciardi: https://www.telegraph.co.uk/global-health/science-and-disease/have-many-coronavirus-patients-died-italy/
"This does not mean that Covid-19 did not contribute to a patient's death, rather it demonstrates that Italy's fatality toll has surged as a large proportion of patients have underlying health conditions." - hab mal den recht wichtigen nachfolgenden Satz mit zitiert. Wo siehst du da den Widerspruch zu den Äußerungen von RKI und Co? Es ist doch schon die gesamte Zeit über die Position, dass zusätzliche Erkrankungen die Todesgefahr erhöhen? Die Zahlen, auf die Prof. Ricciardi hinweist heißen NICHT, dass 88% an irgendwas anderem gestorben sind - sie heißen nur, dass auf den Todesscheinen neben Covid19 noch andere Erkrankungen stehen. Nachweisen, was die endgültige Todesursache war, wäre wenn überhaupt, nur via Autopsie möglich. Bei der Menge an Todesfällen waren die dortigen Strukturen überlastet, einen lückenlosen Nachweis wird man da nicht bekommen.
Es ist gefährlich, wissenschaftliche Vorsicht und Skepsis immer direkt auf "das ist ja garnicht so" auszulegen. WissenschaftlerInnen sind von Berufs/Berufungswegen her skeptisch. Nachweise von Kausalität mit 100% Sicherheit ist in biologischen - und auch medizinischen Bereichen einfach nicht möglich. Auch die kritischen Aussagen, dass die Datenlage aktuell nicht wirklich toll ist - bzw. sehr problematisch/mit systematischen Fehlern behaftet, das werden dir quasi alle WissenschaftlerInnen sagen. Jetzt daraus schließen: Nix machen ist falsch. Wir haben nur die Daten und Informationen, die wir haben, es wird fieberhaft daran gearbeitet, die Datengrundlage zu verbessern. Es ist durchaus möglich, darauf basierend Maßnahmen abzuleiten - und das passiert ja gerade.
Das weiß man im Detail noch nicht so genau. Es gibt auch immer mehr Stimmen, die die Theorie ins Spiel bringen,
Quelle?
Es werden in DE Operationen verschoben, Untersuchungen abgesagt, um auf die angekündigte Covid-19-Welle vorbereitet zu sein. Dadurch entstehen massive Kollateralschäden auf gesundheitlicher Ebene. Im Moment sind die Intensivstationen der deutschen KH nicht überfüllt. Hier müsste man mit Maß und Vernunft vorgehen.
Die Aufforderung ist nicht, lebensnotwendige OPs zu verschieben. Abgesehen davon ist es halt relativ schwierig, planen zu können, wann die Intensivbetten tatsächlich gebraucht werden - oder wann es im Krankenhaus zu einem Covid19 Ausbruch kommt. Es haben inzwischen einige Krankenhäuser zeitweise geschlossen für Neuaufnahmen. Eine Infektion mit Covid19 wäre nach einer OP halt schon ziemlich ungünstig. Gibt es denn tatsächlich Hinweise darauf, dass Menschen nicht behandelt werden, obwohl das notwendig wäre und die Betten vorhanden sind?
Zur "aktuellen" Bewertung der case-fatility-rate ein Artikel von gestern aus dem "New England Journal of Medicine":
Abgesehen davon, dass das ein Meinungs- und kein Forschungsartikel ist: Nicht wirklich etwas neues. Sars-Cov-2 ist nicht so gefährlich wie Sars/Mers/Ebola - das ist schon seit Beginn klar. Das ist übrigens u.a. der Grund, weshalb sich das Virus so gut weltweit verteilen konnte. Evtl. (das ist eine reine Meinung/Schätzung in dem Artikel!) könnte er eine Mortalität wie eine schwere Grippewelle haben. Das ist durchaus möglich. Nur mit einem riesigen Unterschied (darauf gehen die Autoren nicht ein - müssen sie ja auch nicht, da das für das Zielpublikum klar sein dürfte - aber es ist wichtig für die Interpretation): Bei der Grippe gibt es bereits bei einem Teil der Bevölkerung eine Grundimmunität, es gibt meist ein Impfstoff etc. pp.. Das ist bei dem aktuellen Virus halt nicht der Fall.
Es gibt übrigens auch durchaus Stimmen, die darauf hindeuten, dass tatsächlich mehr Menschen durch Covid19 sterben als gedacht - z.B.
https://www.economist.com/graphic-d...-appears-higher-than-official-figures-suggest (leider hinter einer Paywall)
https://www.thelancet.com/journals/laninf/article/PIIS1473-3099(20)30195-X/fulltext (Wobei ich das nicht so prall finde - aber es stimmt ja - die Leute, die jetzt sterben haben sich ja nicht erst heute angesteckt).
Es bleibt dabei - die reale Letalität wird man erst im Nachhinein ermitteln können. Es ist aber auch nicht "nur" die Letalität wichtig, sondern auch, ob Menschen z.B. Spätfolgen davon tragen
https://www.n-tv.de/wissen/Covid-19-koennte-Lunge-dauerhaft-schaedigen-article21681600.html
Ach ja - noch ein tolles Video von Mailab zu Corona:
https://www.youtube.com/watch?v=3z0gnXgK8Do