X1 Carbon Gen x Stoppen des temperaturbedingten Runtertaktens durch Undervolting

Turbotomate

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Da im großen "X1 Carbon 5. Generation" Thread mehrere Leute um eine detaillierte Anleitung gebeten haben, wie ich das so genannte thermal throttling bei meinem X1C5 in den Griff bekommen habe, folgt selbige hier.
Ich empfehle, den Beitrag erst einmal komplett durchzulesen und zu verstehen und es erst beim zweiten Lesen selbst zu probieren. Auch wenn das Vorgehen hier eigentlich keinerlei Gefahren birgt, macht ihr es natürlich trotzdem auf eure eigene Verantwortung! Verändert keine Werte, außer denen die ich euch sage.

Mein System:
Lenovo ThinkPad X1 Carbon Gen 5 (2017) 20HQS03P00
Das ist das Campus Sondermodell mit Core i7 7500U, 16GB RAM, 512GB SSD und FullHD Bildschirm

Ausgangssituation:
Vor dem Kauf des Geräts stand ich, wie vermutlich viele, vor der Entscheidung, das Modell mit i7 oder das mit i5 zu nehmen. Der i7 reizt aufgrund des doppelten RAMs, der doppelten SSD-Kapazität und natürlich der höheren Leistung bei gerade einmal 100€ Aufpreis (gilt für die Campusmodelle). Eigentlich logisch, dass man die zusätzlichen 100€ noch drauflegt und zum i7 Modell greift? Jein, denn im Internet kursieren viele Berichte, dass der i7 seine Leistung nicht entfalten kann, da er relativ schnell in die Temperaturbegrenzung kommt und dann runtertaktet. Notebookcheck schreibt im Test der i7-Variante:
"Wenn man alle diese Dinge zusammennimmt, könnte der Core i5 im X1 Carbon 2017 womöglich die bessere Wahl sein. Dank niedrigerem Takt sollte die Kühlung etwas mehr Spielraum haben, und auch die Temperaturen sollten etwas niedriger ausfallen."
Im späteren Test des i5-Modells bestätigen sie diese Vermutung dann:
"Bei Vergleich der beiden Lenovo ThinkPad X1 Carbon 2017 zeigt sich, dass bei Dauerbelastung der Intel Core i5-7200U sehr gut mit dem Intel Core i7-7500U mithalten kann. Der Grund ist sehr schnell gefunden, denn das Temperaturziel ist bei dem Core i7 schon nach wenigen Sekunden erreicht, sodass die Leistung stark gedrosselt werden muss. Somit sinkt der Vorsprung des vermeintlich deutlich schnelleren Prozessors auf ein Minimum."
Während der i7 im ersten Cinebench-Durchlauf den i5 mit 360 zu 321 Punkten schlagen kann, fällt die Differenz im zweiten Durchlauf bereits auf 10 (331:321) und nach dem dritten auf nur noch 6 Punkte (325:319). Der i7 taktet also bereits nach wenigen Minuten runter und liegt tatsächlich nur noch ganz knapp über dem Niveau des i5. Dazu kommen eine höhere Gehäusetemperatur und ein damit einhergehender Anstieg der Lüfter
Dennoch habe ich zum Modell mit dem Core i7 gegriffen und wollte mal sehen, wie schlimm es wirklich ist.

Die Lösung:
Die Lösung nennt sich "Undervolting". In meinen eigenen Worten zusammengefasst ist es ein Herabsetzen der Prozessorspannung bis zur unteren Stabilitätsgrenze, welche in niedrigeren Temperaturen und einer niedrigeren Energieaufnahme resultiert. Die Hersteller nehmen absichtlich eine höhere Spannung, da jeder Chip anders ist und sie eben auch beim schlechtesten Chip eine stabile Performance gewährleisten müssen.
Hier noch mal zwei Links zum genaueren Nachlesen:
Wikipedia
Tomshardware (interessant ist das Fazit, es wird jedoch nur auf Leistungsaufnahme und nicht auf Temperatur eingegangen)
In diversen Foreneinträgen, Videos etc. haben die Leute teilweise 10-15°C durch Undervolting gewinnen können. Beim X1C5 ist das nicht ganz so einfach, da hier ein sehr konservatives Temperaturlimit von 75°C eingestellt ist. Der Prozessor läuft unter Vollast mit 3,49GHz und erreicht die 75°. Dann taktet er so weit herunter, dass er nicht über 75° kommt. Das sind beispielsweise 3,2GHz. Wenn wir also eine theoretische Absenkung der Temperatur erzielen, äußert sich diese nicht in niedrigeren Temperaturen, sondern in höheren Taktraten unter Last.

Vorgehensweise:

Das meiner Meinung nach beste Programm zum Undervolten ist das Intel Extreme Tuning Utility. Ihr könnt es hier herunterladen.
Wer seine Ergebnisse vergleichbar machen möchte kann sich hier das Benchmarking-Programm Cinebench herunterladen. Ihr solltet ca. fünf Durchläufe vor und fünf nach dem Undervolting jeweils direkt hintereinander durchführen, damit der Prozessor sich nicht wieder abkühlen kann. Der Test dauert nicht lang, ihr müsst aber immer wieder auf start/run drücken. Die Werte schreibt ihr euch am besten auf.
In meinem Fall ergeben sich folgende Werte in fünf direkt aufeinander folgenden Durchläufen vom Cinebench R15 CPU-Test ohne Undervolting:
369, 358, 336, 333, 336 = durchschnittlich 346 Punkte
Wir sehen also, dass mit andauernder Last die Werte bzw. die Leistung des Prozessors sinkt. Der nachfolgende Graph zeigt in minzgrün die Temperatur der CPU, in blau die Prozessorauslastung (die kurzen Einbrüche nach unten stehen jeweils für die kurze Unterbrechung zwischen den Durchläufen) und in orange den Kerntakt an. Interessant ist der gelbgrüne Graphim zweiten Bild, denn immer wenn dieser oben ist, gibt es thermal throttling, der Prozessor rennt also ins Temperaturlimit und taktet herunter.
Es ist nicht so einfach zu erkennen, aber nach dem ersten Durchlauf mit 3,49GHz (das ist der Maximaltakt des i7 7550U) sinkt der Takt und pendelt sich bei 3,2 bis 3,3GHz ein. Das spiegelt sich auch in den Ergebnissen des Cinebench wieder.

20170821_130044_001.jpg

20170821_130023.jpg

Der gelbgrüne Graph zeigt uns also, dass das Gerät extrem oft temperaturbedingt gedrosselt wird. Und genau das versuchen wir jetzt zu verhindern.

Ihr installiert also das Intel XTU und startet es. Ihr klickt auf advanced tuning und dann auf core. Es kommt eine Warnung, die ihr mit "i agree" bestätigt.
Nun seht ihr rechts den Regler "Core Voltage Offset". Dort wählt ihr -0.080V (wichtig: auf das Minus achten! Man kann auch die Spannung erhöhen, das könnte den Prozessor schädigen) und wählt rechts "Apply".
Dann geht ihr links auf den Reiter "Stress Test" und lasst den CPU Stress Test für 3 Minuten laufen.
Wenn alles ok ist, könnt ihr zurückgehen und den Core Voltage Offset um weitere -0.005V absenken, also auf -0.085V. Ihr wählt wieder Apply und lasst den Stress Test erneut laufen.
Das Prozedere wiederholt ihr so lange, bis euer Notebook beim Stress Test abstürzt und sich selbst neu startet. Keine Angst, das Programm setzt nach einem Absturz alle Werte wieder zurück, es besteht keinerlei Gefahr, dass das Gerät nicht mehr startet.
Ein Absturz sagt euch, dass der Prozessor zu wenig Spannung bekommen hat. Ihr startet also das XTU neu und wählt den letzten Wert, der noch stabil gelaufen ist (Apply nicht vergessen). Diesen wollen wir nun noch einmal eingehend auf Stabilität überprüfen. Dazu macht ihr wieder einen Stress Test, diesmal aber 20 bis 30 Minuten. Am besten benutzt ihr den Laptop zwischendurch und startet viele Programme etc., um die Funktionstüchtigkeit wirklich auf die Probe zu stellen. Da der Cache synchron mit dem Prozessor undervolted wird, lasst ihr am besten auch noch den Memory Stress Test für einige Minuten durchlaufen.
Wenn es hier keine Abstürze gibt, habt ihr euren Wert gefunden. Ihr könnt nun weitergehen zum Reiter "Graphics" und dort den Processor Graphics Voltage Offset genau so verändern, wie wir es beim Core Voltage Offset gemacht haben. Fangt wieder bei -0.080V an, drückt Apply und startet diesmal den Graphics Stress Test. Wenn alles stabil ist, in -0.005V Schritten weiter nach unten probieren, bis Windows irgendwann abstürzt. Dann den vorherigen Wert wieder einstellen (ihr müsst auch den Core Voltage Offset wieder einstellen, da das Programm alles zurücksetzt) und einen langen Stress Test laufen lassen.

Wenn ihr eure perfekten Werte gefunden und überprüft habt, könnt ihr rechts auf Save gehen und damit ein Profil anlegen dem ihr einen Namen geben könnt. Dieses könnt ihr dann nach einem Neustart des Laptops unter Profiles auswählen, oben Show Values klicken und dann rechts auf Apply gehen. Das müsst ihr leider nach jedem Neustart wiederholen, da das Intel XTU bisher keine Autostart-Funktion hat. Dazu aber unten noch mal mehr.

Nachdem ihr für CPU und iGPU die passenden Werte gefunden und ausreichend auf Stabilität überprüft habt, könnt ihr wieder den Cinebench laufen lassen. Für vergleichbare Ergebnisse sollte sich die Raumtemperatur nicht stark unterscheiden bei beiden Tests.
Ich bin bei gleicher Testvorgehensweise auf folgende Ergebnisse gekommen:
363, 362, 360, 364, 355 = durchschnittlich 361 Punkte
Das ist eine Verbesserung um über 4% gegenüber dem Durchschnitt vor dem Undervolting. Die ersten beiden Durchläufe vor dem Undervolting sind aber zu vernachlässigen, da die Leistung aufgrund ihrer enorm kurzen Verfügbarkeit quasi nicht genutzt werden kann. Effektiv haben wir so sogar ein Leistungsplus von über 7,5%.
Die kleinen Schwankungen sind normal und bedingt durch Hintergrundprozesse etc.
Hier nochmal der Graph wie vorher, man beachte vor allem den gelbgrünen Balken, der nur ein einziges mal thermal throttling indiziert. Der Prozessor hält seinen Takt dauerhaft zwischen 3,47 & 3,49GHz und die Temperaturen steigen wesentlich langsamer an, bleiben sogar bis auf wenige Ausreißer bei ~73°C.

20170821_132703.jpg

Fazit:

Ich würde sagen das ist ein tolles Ergebnis, dafür dass es nichts kostet. Wir konnten das temperaturbedingte Heruntertakten fast komplett eliminieren und können so vom Leistungsplus des i7 gegenüber dem i5 endlich Gebrauch machen. Der Prozessor bleibt auch bei niedrigerer Last insgesamt kühler und der Lüfter springt seltener an als zuvor. Das Gehäuse heizt sich ebenfalls nicht so stark auf und die Energieaufnahme sinkt ebenso. Zusätzlich könnte der Prozessor eine höhere Lebenserwartung haben.

PS:

Leider muss Intel XTU dauerhaft laufen, damit die Werte übernommen werden. Das Programm hat aber keine Autostart-Funktion. Ihr müsst es also bei jedem Windows-Start selbstständig starten und teilweise auch das enstprechende Profil aktivieren.
Ich bin bereits auf der Suche nach einer dauerhaften Lösung und habe folgenden Thread gefunden:
http://forum.notebookreview.com/thr...-under-volt-in-xtu-without-opening-it.802143/
Ich werde demnächst nach dieser Anleitung vorgehen und hier selbstverständlich berichten. Das große Problem hierbei ist, dass sich die Werte nicht selbstständig zurücksetzen, falls sie doch zu niedrig gewählt wurden. Ihr müsst euch also zu 100% sicher sein, dass eure Werte stabil laufen, sonst kann das dauerhafte Undervolting zu Problemen führen

Mit freundlichen Grüßen und gespannt auf eure Ergebnisse wartend

Turbotomate
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist sehr interessant.
Was kann man denn auch mehr wollen als seinen Prozessor bei der für ihn optimalen ( =minimalen? ) Spannung zu betreiben?

Richtig schön wäre natürlich wenn man die Einstellungen im BIOS vornehmen könnte um sie Neustart resistent und Betriebssystem unabhängig zu machen.
Aber solche Funktionen findet man wohl eher im Bereich der Overclocker Mainboards ...

Vielen Dank für deine ausführliche Anleitung, kann es kaum abwarten das umzusetzen/testen.
 
Ein schoener Artikel fuer das Wiki, wenn es denn dort schon eine Seite fuer das X1 Carbon Gen 5 (2017) gaebe...

@Turbotomate:
Bitte noch den Link zum Ursprungsthread setzen. Wenn ich in einigen Jahren mich vielleicht mal mit dem Geraet beschaeftige (habe derzeit nur Geraete der Generationen zwischen T61 und T530), findet findet sich der große "X1 Carbon 5. Generation" Thread dann leichter. Danke.

AM.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist sehr interessant.
Was kann man denn auch mehr wollen als seinen Prozessor bei der für ihn optimalen ( =minimalen? ) Spannung zu betreiben?

Richtig schön wäre natürlich wenn man die Einstellungen im BIOS vornehmen könnte um sie Neustart resistent und Betriebssystem unabhängig zu machen.
Aber solche Funktionen findet man wohl eher im Bereich der Overclocker Mainboards ...

Vielen Dank für deine ausführliche Anleitung, kann es kaum abwarten das umzusetzen/testen.
Ich finde es auch sehr schade, dass man diese Einstellungen nicht übergreifend anwenden kann. Ob das entsprechende Programm z.B. auch unter Linux läuft, kann ich leider nicht sagen. Bei Windows gibt es immerhin die Möglichkeit, das ganze über die Powershell ohne Programmstart vom Intel XTU anwenden zu lassen. Aber dazu kommt wie gesagt noch mal was.
Ein schoener Artikel fuer das Wiki, wenn es denn dort schon eine Seite fuer das X1 Carbon Gen 5 (2017) gaebe...

@Turbotomate:
Bitte noch den Link zum Ursprungsthread setzen. Wenn ich in einigen Jahren mich vielleicht mal mit dem Geraet beschaeftige (habe derzeit nur Geraete der Generationen zwischen T61 und T530), findet findet sich der große "X1 Carbon 5. Generation" Thread dann leichter. Danke.

AM.

Den Link habe ich gesetzt.
Dieses Vorgehen ist übrigens nicht auf das X1 Carbon beschränkt, man kann es bei jedem Laptop / PC anwenden (mit Intel Prozessor). Gerade bei älteren Prozessoren soll das Potential noch wesentlich höher sein.
 
Ich finde es auch sehr schade, dass man diese Einstellungen nicht übergreifend anwenden kann. Ob das entsprechende Programm z.B. auch unter Linux läuft, kann ich leider nicht sagen. Bei Windows gibt es immerhin die Möglichkeit, das ganze über die Powershell ohne Programmstart vom Intel XTU anwenden zu lassen. Aber dazu kommt wie gesagt noch mal was.

Bei Gelegenheit könnte man austüfteln, welche Register dafür nötig sind -> das könnte man dann auch unter Linux entsprechend setzen.
 
Falls das irgendwer macht, nehme ich die Ergebnisse gerne in der Anleitung mit auf.
 
Aber doch bitte nicht mit XTU... Dieses Programm ist total überladen und braucht selbst schon viel RAM und CPU-Power. Deutlich besser fährt man mit Throttlestop: Das programm braucht nur 2 MB Ram, ist super-sparsam und kann alles, was man braucht. Zum Stresstest würde ich Prime95 empfehlen und das mindestens 6 Stunden laufen lassen (mit verschiedenen Multiplikatoren). Mein Surace habe ich auf -88mv am laufen.
 
Aber doch bitte nicht mit XTU... Dieses Programm ist total überladen und braucht selbst schon viel RAM und CPU-Power. Deutlich besser fährt man mit Throttlestop: Das programm braucht nur 2 MB Ram, ist super-sparsam und kann alles, was man braucht. Zum Stresstest würde ich Prime95 empfehlen und das mindestens 6 Stunden laufen lassen (mit verschiedenen Multiplikatoren). Mein Surace habe ich auf -88mv am laufen.
Hi also gerne ein schmales Programm, klingt super. aber ggf kannst du mir auf die Sprünge helfen wie das jetzt dort eingestellt wird? I'm Gegensatz zu oben beschriebenen workflow habe ich ja nun von throttlestop keine Ahnung... Danke vorab falls du ein paar Zeilen schreiben kannst....
 
Hi also gerne ein schmales Programm, klingt super. aber ggf kannst du mir auf die Sprünge helfen wie das jetzt dort eingestellt wird? I'm Gegensatz zu oben beschriebenen workflow habe ich ja nun von throttlestop keine Ahnung... Danke vorab falls du ein paar Zeilen schreiben kannst....

Mit minimalem Suchaufwand hättest du das hier auch selbst finden können: https://www.notebookcheck.net/How-t...ife-The-ThrottleStop-Guide-2017.213140.0.html
 
  • ok1.de
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