Findest du nicht, dass du ein wenig übertreibst?
Nein, nicht im Mindesten. Das ist ja leider das Ernüchternde daran, egal ob es einem passt oder nicht. Da ist alles nur eine Frage der Wahrnehmung, welche der eigenen Erfahrung entspringt.
Für Privatanwender und deren Nutzungsumfeld mag Dein Einwand sicher berechtigt sein, aber um die geht es bei meinen Betrachtungen doch garnicht. Privat brauche ich auch kein Windows, sondern kann darauf ganz problemlos in dem von Dir angeführten Sinne verzichten - auf der privaten Insel zuhause geht das ohne Frage.
Browser, Email, Office... ist doch unter Linux genauso zu bedienen wie unter Windows. Das macht doch für den "Normalanwender" vermutlich schon 90% "seiner Probleme" aus.
Um den Normalanwender geht es hier nicht. In meinem bisherigen Berufsleben in einem der weltweit ganz grossen IT-Konzerne war und ist zum Beispiel der Internet Explorer (in einer ganz bestimmten Version) aufgrund komplexer damit verbundener Applikationen bisher unverzichtbar, also weder mit einem nativen Firefox ersetzbar, noch unter Linux damit auch nur ansatzweise verwirklichbar (und es mit irgendwelchen Workarounds wie WINE zu versuchen, verbietet sich in so einem beruflichen Umfeld von selbst). Als Mail-Client kommt in diesem Umfeld ebenfalls nur MS Outlook in Betracht, alles andere macht nur Probleme (habe es selbst mal kurz mit Thunderbird versucht, es aber schnell wieder aufgegeben). Office war und ist in diesem beruflichen Umfeld ganz konkret nur mit konkreten MS Office-Versionen machbar, um mögliche Kompatibilitätskonflikte so gering wie möglich zu halten. Hatte selbst mal kurz versucht, in diesem Kontext mit OpenOffice zu arbeiten, aber das war anhand der vorliegenden Masse an Dokumenten (sehr komplexe Excel-Sheets und Word-Dokumente) einfach nicht machbar. Es hängt schlicht nicht von einem selbst ab, was in einem ausserordentlich komplexen beruflichen IT-Umfeld machbar ist oder nicht. Damit muss man leben, egal ob es einem passt oder nicht.
Sicher, wenn man ausserhalb eines dermassen riesigen gewachsenen Umfelds in einer privaten Inselsituation arbeitet mag das alles ein geringeres oder gar kein Problem sein, so dass ich Dir natürlich gerne zustimmen würde. Aber meine Erfahrung ist mittlerweile leider eine ganz andere, denn die bereits bestehende IT-Wirklichkeit im beruflichen Umfeld lässt sich nachträglich leider nunmal nicht mehr so anpassen, wie man es gerne hätte. Es hat auch für mich viele Jahre gebraucht, bis ich es anhand der Erfahrung in der real existierenden beruflichen Wirklichkeit endlich begriffen und zum Glück endlich meine Illusionen verloren hatte.
Aber lass Dich nicht abhalten, gegen den Strom zu schwimmen, denn das ist nur gut! Nur weil die real existierende Wirklichkeit tatsächlich so geworden ist, heisst das noch lange nicht, dass sie auf ewig so bleiben wird oder muss. Aber das wird sicher länger benötigen, als es sich die meisten von uns wünschen würden, und auch nicht notwendigerweise in der vorgestellten Form. Eine schnelle Revolution ist dabei nicht zu erwarten, sondern nur eine sehr gemächliche, aber dafür umso dauerhaftere Evolution. Also heiter weiter so!